VR-Durchblick: Die Unterschiede zwischen Inside-Out und Outside-In

Was ist eigentlich „Inside-Out“? Eine Beschreibung und Definitionen der verschiedenen VR Tracking Methoden von HTC Vive bis Oculus Rift S. Ein Gastbeitrag.

Anmerkung: Dieser Beitrag stammt von sbsce, dem Entwickler des VR-Spieles cyubeVR. Das etwas an Minecraft erinnernde Spiel setzt auf Roomscale und ist damit stark vom Tracking der VR-Brille abhängig. Da es ganz nebenbei auch noch sehr viel Spaß bringt, solltet ihr euch cyubeVR definitiv einmal anschauen – ihr wisst dann ja, ob eure Hardware euch Inside-Out oder Outside-In trackt während ihr Bäume fällt, Dinge craftet und die Voxel-Spielwelt erkundet.

Seitdem Oculus kürzlich die Oculus Rift S angekündigt hat welche auf Inside-Out Tracking und nicht, wie bisher, auf Outside-In Tracking setzt, haben viele VR-Enthusiasten (oder welche die es noch werden wollen) wohl deutlich mehr als sonst über die verschiedenen Methoden des Trackings gelesen. Am häufigsten habt ihr wahrscheinlich den Begriff „Inside-Out“ gehört. Die Oculus Rift S setzt auf Inside-Out Tracking, ebenso wie die bald erscheinende Oculus Quest. Auch die Windows Mixed Reality (WMR) Brillen, wie die Samsung HMD Odyssey, setzen auf Inside-Out Technik.

Inside-Out oder Outside-In?

Ihr habt möglicherweise schon einiges über die Vorteile und auch Nachteile von Inside-Out Tracking gehört, aber wer kennt tatsächlich die genaue Definition von den Begriffen? Wusstet ihr zum Beispiel, dass das Lighthouse Tracking wie bei HTC Vive und auch Pimax 8K tatsächlich Inside-Out Tracking ist? Wenn ihr euch vorher noch nie aktiv mit dem Thema beschäftigt habt dann klingt das im ersten Moment unter Umständen etwas verwirrend – nicht schlimm, gleich ergibt alles Sinn, versprochen!

Inside-Out“ beschreibt erst einmal nur, dass die VR Brille selber erkennt (from the inside, looking outside) wo im Raum sie sich aktuell befindet. Die genaue verwendete Technik ist dabei gar nicht so wichtig – solange die Brille selber in der Lage ist ihre Position zu bestimmen, ist es Inside-Out Tracking. Die Oculus Rift S benutzt dafür 5 Kameras die in verschiedene Richtungen angeordnet sind um einen möglichst großen Bereich sehen zu können. Auf der Brille sind also Kameras die nach „außen“ in den Raum gucken, „Inside-Out“. Die Brille hierbei ist „schlau“, sie verfügt über alle Daten die zur Positionsbestimmung notwendig sind. Es gibt allerdings zwei verschiedene Arten von „Inside-Out“ Tracking, mehr dazu später.

Vier Kameras sorgen bei Oculus Quest für das Tracking
Oculus nutzt bei der Quest Inside-Out Tracking mit vier Kameras. Rift S hingegen hat eine andere Kameraanordnung mit einer fünften Cam auf der Oberseite.

Outside-In“ ist auch einfach zu verstehen – wenn ihr an das Tracking der originalen Oculus Rift 1 denkt, dann gibt es auch dort Kameras, nur dass die Kameras nicht an der Brille selber angebracht sind, sondern im Raum und „in Richtung“ der Brille schauen um herauszufinden wo sich das Headset momentan befindet. Die Rift 1 selber hat keine Ahnung wo im Raum sie eigentlich ist – die Kameras im Raum aber wissen es, und senden die Daten an den PC, der dann die Positionsdaten verarbeitet und anschließend ein aktualisiertes Bild zur VR Brille schickt. Die Brille selber ist was das Tracking angeht „dumm“, passiv, sie macht nichts weiter als mit LEDs im infraroten Bereich zu leuchten um einfacher sichtbar für die externen Kameras zu sein.

Lighthouse-Tracking: von innen nach außen

Warum aber ist jetzt die Lighthouse Technik von der HTC Vive oder der Pimax kein „Outside-In“ Tracking? Das ist tatsächlich ganz einfach, und am besten zu verstehen wenn man das ganze mal nach Deutsch übersetzt: Lighthouse heißt Leuchtturm. Die Lighthouse Stationen an der Wand sind tatsächlich wie Leuchttürme. Sie leuchten – mehr nicht. Es sind, vereinfacht gesagt, einfach nur Lampen die, komplett passiv, ein besonderes Licht ausstrahlen. Auf der VR Brille sind Sensoren die dieses spezielle Licht dafür benutzen können um ihre Position selber zu bestimmen. Die Leuchttürme hierbei sind „dumm“, passiv, man schaltet sie ein und sie leuchten. Die Brille ist „intelligent“ und muss anhand des Lichtes die Position selber bestimmen – genauso wie es WMR Brillen oder die Oculus Rift S mit ihren Kameras auch tun. Während die Rift S allerdings „nur“ 5 Kameras hat um die Umgebung zu beobachten, sind es bei der HTC Vive 32 Sensoren die an der Brille angebracht sind und den Raum „angucken“ und damit ihre Position selber bestimmen.

Die beiden Lighthouse-Boxen von Vive und Pimax sind nur Marker für die im HMD integrierten Kameras.

Alleine schon an diesen Zahlen erkennt man auch schon weshalb das Lighthouse Tracking so genau ist – 32 unabhängige Sensoren die „from the inside, to the outside“ den Raum beobachten, nach speziellem Licht suchen und damit ihre Position bestimmen.

Wo ist jetzt aber der Unterschied des Trackings zwischen Windows Mixed Reality Brillen, der Oculus Rift S und der HTC Vive, wenn doch alle Brillen „Inside-Out“ Tracking benutzen? Die WMR Brillen und Rift S funktionieren in praktisch jedem Raum der ausreichend hell von normalen Lampen beleuchtet ist – wenn es dunkel ist, fällt das Tracking aus. Die HTC Vive funktioniert auch im für Menschen „dunklen“ Raum, aber die Vive benötigt stattdessen spezielle „Lampen“, die Lighthouse Stationen. Diesen Unterschied beschreibt man mit den Begriffen „Markerless Inside-Out“ und „Marker-Based Inside-Out“.

  • Markerless Inside-Out: Die VR Brille erkennt mit integrierten Sensoren selber „intelligent“ ihre Position im Raum, und es werden keine speziellen „Lampen“ oder ähnliche Markierungen im Raum benötigt – nur normales, sichtbares Licht von normalen Lampen oder der Sonne. Verwendet bei: Oculus Rift S, Windows Mixed Reality (Samsung HMD Odyssey und andere), Oculus Quest
  • Marker-Based Inside-Out: Die VR Brille erkennt mit integrierten Sensoren selber „intelligent“ ihre Position im Raum, aber es werden spezielle „Markierungen“ im Raum, wie spezielle „Lampen“, benötigt. Verwendet bei: Lighthouse Tracking (HTC Vive, Pimax 5K+/8K, StarVR)

Jetzt denkt ihr euch vielleicht, das klingt ja alles ganz logisch – aber woran erkennt man denn ob dieses Ding was an der Wand hängt bloß eine „Markierung“ für Marker-Based Inside-Out Tracking ist, oder doch schon ein aktiver Sensor für Outside-In Tracking? Das ist einfach möglich, selbst wenn ihr keine Ahnung habt was ihr euch eigentlich gekauft habt! Ein aktiver Sensor im Raum der für Outside-In Tracking benutzt wird muss in irgendeiner Weise mit dem PC verbunden sein, damit der PC die Informationen verarbeiten kann. Die externen Kameras der originalen Rift 1 benötigen jeweils eine USB 3.0 Verbindung zum PC – es kann durchaus etwas nervig sein USB Kabel durch den ganzen Raum zu legen. Die Lighthouse Stationen der HTC Vive brauchen, da die rein passiv sind und nur für Marker-Based Inside-Out benutzt werden, keinerlei Verbindung zum PC. Nur Strom wird benötigt. Es führt insgesamt nur ein USB Kabel in den PC – das von der VR Brille, sonst keins.

Oculus Rift und PSVR: Aussterbendes Outside-In Tracking

Ob ein VR System Marker-Based Inside-Out oder Outside-In Tracking benutzt könnt ihr also ganz einfach daran feststellen, ob es Sensoren im Raum gibt die aktiv mit dem PC oder der Konsole verbunden sind. Wenn ja, ist es Outside-In Tracking wie bei der originalen Oculus Rift 1 oder PSVR. Wenn nein, dann ist es Inside-Out Tracking.

Sony Playstation VR
Sonys PSVR nutzt eine externe und per Kabel mit der PS4 verbundene Kamera: Outside-In Tracking.

Zum Schluss vielleicht noch die Frage, ist dieser Unterschied überhaupt relevant? Nun, wenn ihr lest dass ein VR System „Inside-Out“ Tracking benutzt ist es gut zu wissen dass ihr euch sicher sein könnt nicht USB Kabel quer durch den Raum zu externen Sensoren verlegen zu müssen, aber auch zu wissen dass „Inside-Out“ nicht direkt bedeutet dass das Tracking schlecht ist – denn das momentan beste Tracking auf dem Markt, Lighthouse Tracking, ist „Inside-Out“ Tracking. Insofern ist es gut die Unterschiede zu kennen – und ihr könnt jetzt stolz sein eine der wenigen Personen zu sein die den Unterschied zwischen „Outside-In“, „Markerless Inside-Out“ und „Marker-Based Inside-Out“ kennen! Viele Leute die sich nie aktiv mit dem Thema beschäftigt haben nehmen fälschlicherweise an, dass „Marker-Based Inside-Out“ Tracking und „Outside-In“ Tracking identisch wären, aber die Definition ist fest wie sie ist, und ein Apfel ist eben auch kein Gemüse 😉

Und wenn ihr mal jemanden sagen hört dass jegliches Inside-Out Tracking direkt schlecht wäre, oder dass die HTC Vive Outside-In Tracking benutzen würde, dann verlinkt doch einfach diesen Artikel!

cyubeVR
cyubeVR
Entwickler: Stonebrick Studios
Preis: 27,99 €
Teile diesen Beitrag

Einige der Links in diesem Artikel sind (unter Umständen) sogenannte Affiliate-Links. Mit einem Kauf über einen dieser Links bekommen wir eine kleine Provision, für euch ändert sich nichts.

1 Trackback / Pingback

  1. #015 – Darum ist VR noch lange nicht gescheitert – stefanburian.com

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.