Sinkende Verkaufszahlen, fehlende zweite Generation: Ist VR tot?

Oculus Rift

Der Untergang von Virtual Reality wird vor allem in Gamerforen oft prophezeit. Geben sinkende Verkaufszahlen ihnen recht oder gibt es Hoffnung?

Allzu gut verkaufen sich Oculus Rift und HTC Vive nicht, trotz gelegentlicher Preissenkungen. So ist die Oculus Rift seit dem Amazon Prime Day für 404,10 Euro bei Amazon erhältlich und auch lieferbar, Acers Windows Mixed Reality gibt es schon für genau 300 Euro bei Amazon. Und an den Angebotspreis des Bundles aus Playstation VR mit Kamera und Spielen von 249 Euro haben wir uns schon so gewöhnt, dass die aktuellen Preise ungewöhnlich hoch erscheinen.

Laut Superdata Research soll einzig die Oculus Go ein wenig Leben in den Markt gebracht haben: Die mobile VR-Brille mit dem verlockenden Preis soll sich im zweiten Quartal 2018 gute 289.000 Mal verkauft haben. Positiv lässt sich daher berichten, dass die Zahl verkaufter VR-Brillen im Vergleich mit der ersten Jahreshälfte 2017 um 38 Prozent gestiegen sind. Für die PC- und Konsolengebundenen VR-Brillen gilt das aber nicht, Oculus Rift, HTC Vive und Playstation VR haben sich laut Superdata im Vergleich zum Vorjahr nur halb so gut verkauft haben.

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Vor allem Playstation VR musste offenbar Federn lassen, im zweiten Quartal 2018 sollen nur noch gut 100.000 PSVR verkauft worden sein – wenig gegenüber den 300.000 im Vorjahr.

Zwei Jahre VR im Mainstream – und dann?

Seit 2016 sind die kabelgebundenen VR-Brillen Oculus Rift, HTC Vive und Sony Playstation VR nun auf dem Markt. Das Alter sieht man ihnen schon etwas an, vor allem der Screendooreffekt der vergleichsweise niedrig auflösenden Pentile-OLEDs von Rift und Vive fühlt sich wenig nach Highend-Hardware an. In Punkto Controller konnte Oculus im Laufe der Zeit mit den Touch Controllern einen guten Standard etablieren, an dem sich auch Valves sehnsüchtig erwartete Knuckels-Controller orientieren. Der PC-VR fehlt es aber noch an einem offiziell von einem VR-Brillen-Hersteller vermarkteten Waffencontroller wie Sonys Aim-Controller.

Generell hat Sony mit PSVR einiges richtig gemacht, das RGB-Display minimiert den Screendooreffekt trotz recht geringer Auflösung. Mit der PS4 Pro kam zudem ein Konsolenupgrade, das die Grafik der PSVR fast auf den Level einer neuen Generation bringen konnte. Trotz des grandiosen Aim-Controllers schwächelt Sonys VR aber ausgerechnet bei der Steuerung: Move ist wenig genau und nicht mehr zeitgemäß.

Acer Windows Mixed Reality
Windows Mixed Reality tut sich schwer – nicht zuletzt aufgrund hoher Preise in Europa.

Windows Mixed Reality konnte sich auf dem Markt noch nicht so recht durchsetzen. In Deutschland ist das kein Wunder angesichts der hohen Preise. Während in den USA bereits (refurbished) Lenovo Explorer für 149$ angeboten werden (der Neupreis ist mit 199$ nicht weit entfernt), kosten WMR-Brillen in Deutschland mindestens 300 Euro – und auch das nur dank eines Angebotes von Comtech.. Doch auch in den USA tut sich WMR offenbar schwer Marktanteile von HTC und Oculus zu erobern.

Eine richtige zweite Generation fehlt dem VR-Markt. Seit zwei Jahren gab es bestenfalls kleinere Updates beispielsweise bei den Controllern aber auch bei der Auflösung in Form der maßlos überteuerten HTC Vive Pro und der in Deutschland nicht erhältlichen Samsung Odyssey. Keine guten Zeiten für VR?

Die Pimax 8K als große Hoffnung für die VR-Zukunft? Bildquelle: SweViver (https://twitter.com/SweViver/status/1006772952585601024)

Viele VR-Enthusiasten richten ihre Hoffnungen daher in die Zukunft. Dort wartet die Pimax 8K mit großem Field of View und hoher Auflösung. Allerdings überschattet von der Sorge um die finale Qualität der Pimax 8K – nicht ganz unschuldig ist dabei auch Pimax selbst, die sich bei der Öffentlichkeitsarbeit nicht sonderlich geschickt anstellen. Doch was, wenn die Pimax 8K floppt?

HTC ist in keiner sonderlich guten Situation: VR ist noch immer kein sehr einträgliches Geschäft, mit dem ungeliebten Viveport lässt sich ebenfalls nicht viel verdienen. Die Smartphone-Sparte kriselt nicht erst seitdem HTC die Sahnestücke an Google verkauft hat. Skurrile Preisentscheidungen wie die HTC Vive Pro für 899 Euro – und das ohne das ebenfalls sehr teure und nötige Zubehör – sorgen nicht unbedingt für Vertrauen bei den Käufern. Auch nicht angesichts der immer wieder aufgerufenen 399$ für die Samsung Odyssey. Immerhin eine Konkurrenz, die HTC in Europa nicht fürchten muss..

Oculus konzentriert sich aktuell stark auf den mobilen Markt. Angesichts der Ziele von Facebook als Mutterfirma keine schlechte Idee, immerhin will Zuckerberg in den nächsten Jahren Milliarden Menschen in die virtuelle (social network-) Realität bringen. Die Oculus Go ist dabei ein guter Anfang und für Gamer könnte auch die Santa Cruz mit 6DOF-Tracking interessant werden.

Allerdings weckt die Oculus Go zumindest bei mir Begehrlichkeiten: Warum veröffentlicht Oculus keine „Rift Lite“, eine preisoptimierte Rift 1.5 mit den Linsen und dem RGB-Display der Oculus Go aber dem Tracking der PC-Rift? Das wäre noch immer keine richtige zweite Generation, ebenso wie die HTC Vive Pro nur ein teures Luxusupgrade darstellt. Aber es wäre ein Signal an den Markt – an die Softwareentwickler, die erst bei einer guten Hardwareverbreitung auch von ihrer Arbeit leben können beispielsweise.

Doch wie soll eine zweite Generation Gamer-VR überhaupt aussehen? Hohe Auflösung und FOV, kabellos und nicht zu teuer dürfte sich auf den meisten Wunschzetteln finden. Doch reicht das um die skeptische Masse der Flat-Gamer zu überzeugen? Haptische Anzüge wie der Teslasuit sind ebenfalls spannend, allerdings im Alltag wohl doch eher unpraktisch. Oculus Go macht es vor: In sekundenschnelle aufsetzen und fertig, nichts anderes werden Gamer in Zukunft akzeptieren. AR und VR dürften zusammenwachsen, in einer hoffentlich kleinen Kombi-Brille. Von Lösungen ohne störende Brille ist aktuell jedoch nur wenig in Sicht.

VR ist tot – es lebe VR!

Kaum Marktdurchdringung bei Gamern trotz drastisch gefallener Einstiegskosten, nur geringe Chancen auf Gewinne mit VR-Spielen – gut sieht es für VR nicht aus. Endet es wie in den 1990ern, wo technisch wenig ausgereifte Geräte auf Computer mit zweistelligen Megahertz-Werten und ohne 3D-Beschleunigung trafen?

Ich sage: Nein, so wird es nicht enden. VR wird auch nicht das Schicksal von 3D beim Fernseher erleiden. Zwar zeigen sich viele Gamer als erstaunlich ängstlich gegenüber neuen Technologien wie VR – dabei nimmt VR ihnen nichts weg sondern erweitert nur die Möglichkeiten. Im professionellen Einsatz allerdings ist VR bereits jetzt schon nicht mehr wegzudenken.

Amazon nutzte den Prime Day im vor beliebten Ladengeschäften VR-Kabinen aufzustellen. Dort konnten Shoppende mit einer Oculus Rift in einem VR-Amazon stöbern und sich die Angebote lebensecht anschauen. Generell macht Amazon aktuell erstaunlich viel Druck was VR angeht: Wenn ein VR-Amazon für solche Feldtests existiert (und offenbar gut angenommen wurde), ist eine Version für Oculus Rift, Go und Vive sicherlich auch nicht weit entfernt. Zudem produziert Amazon immer wieder eigene, mitunter stark subventionierte, Hardware wie Tablets, smarte Lautsprecher und eBook-Reader. Eine VR-Brille von Amazon ist daher nicht undenkbar – wir hoffen nur, dass es nicht auf einen Cardboardverschnitt hinausläuft.

Wo Gamer VR ignorieren, interessiert sich die Industrie umso stärker für die inzwischen ausgereifte Technologie: Autohersteller nutzen schon seit einiger Zeit Virtual Reality zur Präsentation neuer Produkte und auch Makler profitieren stark von den Möglichkeiten realistischer Raumbegehungen ohne vorherige Anreise.

In der Medizin wird VR ebenfalls erfolgreich eingesetzt – nicht nur bei Operationen sondern auch bei Therapien und sogar bei Schmerzbehandlungen. VR-Legionär Thomas Neumann arbeitet mit der IHK an VR-unterstützten Abschlussprüfungen für Lageristen. Die Liste der Einsatzmöglichkeiten ist groß. VR wird auf diesem Wege mehr und mehr Bestandteil des Alltags werden. Sei es beruflich oder beim Ausflug in den per VR optimierten Freizeitpark, beim Arzt oder in der Ausbildungsprüfung. Eine im Alltag etablierte Technologie wurde in der Vergangenheit aber immer auch zum Spielen genutzt – VR hat vielleicht zum Start einfach die falsche Zielgruppe adressiert.

VR ist nicht tot und wird auch nicht sterben. Aber eventuell sollten wir VR-Gamer uns auf eine entbehrungsreiche Zeit einstellen bevor es so richtig losgeht.

 

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2 Kommentare

  1. Die Oculus go hat die Verkaufszahlen ein wenig ins Positive gelenkt. Was sagt uns das? Der Markt will neue und bessere VR Hardware und nicht das schon über zwei Jahre alte Zeug zu überhöhten Preisen.
    Jeder der eine Oculus go auf hatte, wird niemals 600€ für eine Vive 1 ausgeben bei dieser Display Qualität.

    Und dann die Vive pro für fast lächerliche 1500€ Komplettpreis, wo Kopfhörer und Mikrofon immer noch grauenhaft sind und die User selber die Linsen tauschen damit das Bild besser wird. Und bei sowas wundern die sich über Verkaufszahlen?

    Wenn jetzt nicht bald, also allerspätestens dieses Jahr, ein neues vernünftiges VR Headset auf den Markt kommt, sehe ich wirklich schwarz für VR. Es wird sicherlich nicht mehr ganz verschwinden, aber auch nicht so weit vorpreschen wie wir uns das alle erhoffen. Eher so wie die Shutterbrillen für die Gaming Monitore, gibt es zwar alles noch, aber kaum der Rede wert.

    Und wie war das z.b. mit PSVR 2? Nachfolger erst 2021? Glauben Die ernsthaft ihren alten Stand der Technik noch so lange verkaufen zu können? Also manchmal müsste man diesen Managern einen Schlag in den Nacken geben mit einem, hallohoo, aufwachen…

    Und der Preis ist meiner Meinung nach schon lange nicht mehr so ausschlaggebend bei dem momentanen Stand. Nur nicht für diese veraltete Technik. Das konnte man vor zwei Jahren machen, als der wow Faktor noch sehr groß war.
    Eine bequeme VR Brille mit größeren field-of-view ohne Screendoor Effekt, mit perfekten Tracking & Knuckles Controller für 500€. Wer möchte gerne gegen Aufpreis kabellos… das braucht der VR Markt

1 Trackback / Pingback

  1. Sebastians Daily News #30 - Oculus Rift Bundle, VR Verkaufszahlen, RE2 und mehr

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