Mit dem Steam Deck hat Valve eine neue Hardware vorgestellt – im Gegensatz zur Index allerdings nicht aus dem VR-Bereich. Aber geht VR vielleicht trotzdem damit?
Nintendo feiert mit der Switch seit Jahren große Erfolge, da ist es wenig verwunderlich, dass andere Hersteller ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Valve bringt seine Erfahrungen mit eigener Hardware wie dem Steam Controller ein, um PC-Games ins Handheld-Format zu überführen. Steam Deck nennt sich die mobile Linux-Konsole, auf der viele Steam-Games mit ansprechender Framerate laufen sollen. Ab sofort lässt sich die Hardware reservieren, Ende des Jahren soll sie dann ausgeliefert werden.
Technische Daten vom Valve Steam Deck
Im Inneren ist angesichts des Formfaktors durchaus leistungsstarke Technik verbaut. Neben dem primär vorgesehenen Linuxderivat sollt ihr zudem auch Windows installieren können.
- AMD APU (bisher unbenannt), max. 15 Watt
- 4/8 Cores/Threads mit 2,4-3,5 GHz
- integrierte RDNA2 GPU mit 8 RDNA2 Compute-Units, 1,0-1,6 GHz
- 16 Gigabyte LPDDR5 RAM
- Speicher je nach Modell von 64 GByte eMMC bis 512 GByte NVMe SSD
- MicroSD-Slot Highspeed
- 7 Zoll LCD mit 1.280×720 Pixeln (16:10, 60 Hz)
- USB-C Port mit Displayport 1.4
-> Link zu den Technischen Daten bei Valve
Leistungseinschätzung
Zwar ist bislang noch keine APU von AMD mit RDNA2-Grafik auf dem Markt, ein wenig vorhersagen lässt sich die Leistungsfähigkeit aber dennoch. Für eine CPU/GPU-Kombilösung mit nur 15 Watt Leistungsaufnahme wird die APU eine gute Performance aufs Display bringen. Wer aber die Leistung eines Notebooks mit dedizierter GPU erwartet, dürfte enttäuscht werden. Bisherige APUs wie der Ryzen 7 4600U mit 6 Kernen aber nur 6 Vega-CUs werden voraussichtlich klar abgehängt, auch Intels Core i der elften Generation mit Xe-Grafik werden bei der Grafikleistung wohl nicht mithalten können. Dazu kommt, dass Valve sich vorausschauend für schnellen LPDDR5-Speicher entschieden hat. Bei einer APU ist die Speicherbandbreite der oft größte Flaschenhals, teilen sich GPU und CPU doch die eh schon geringe Bandbreite des RAMs. Zum Vergleich: Dedizierte Grafikkarten nutzen speziellen Videospeicher wie GDDR6 oder GDDR6X, der auf maximale Übertragungsraten getrimmt ist – bei der RTX 3080 Ti und 3090 mit fast einem Terabyte pro Sekunde. Das schafft zwar auch LPDDR5 nicht, schneller als herkömmlicher DDR4 ist es trotzdem.
Mit vier Kernen, dazu nur Zen2 und nicht Zen3 wie in den Ryzen 5000-CPUs, reißt der Prozessorteil keine Bäume aus. Jedenfalls nicht im Vergleich zu Desktop-Prozessoren, die ihr wohl üblicherweise fürs VR-Gaming einsetzt. Angesichts der Tatsache, dass es sich aber um ein handliches Mobilgerät handelt ist der Kompromiss sinnvoll – vier Kerne und acht Threads reichen den meisten Titeln aus, das Display vom Steam Deck arbeitet zudem eh nur mit 60 Hz, weshalb CPU-hungriges High-FPS-Gaming unnötig ist. Außer bei Simulationen oder schlecht optimierten Games sehen wir daher beim CPU-Part keine Leistungsprobleme.
Die Grafikeinheit hingegen ist kniffliger: AMD nutzt hier RDNA 2, also die aktuelle Architektur, die auch in den RX 6000-GPUs sowie der PS5 und Xbox Series S/X zum Einsatz kommt. Mit bis zu 1,60 Ghz fällt auch der Takt recht hoch aus. Allerdings gibt es nur 8 Compute Units, während Konsolen und PC eher so bei 40 starten. Für die geringe Auflösung des Steam Deck Displays mit 720p reicht die Performance aber in vielen Spielen aus um 30-60 FPS auf den Monitor zu bekommen – außer vielleicht bei Hardwarefressern wie Cyberpunk. Und Finger weg von Raytracing, dafür reicht es dann doch nicht.
Ihr sehr aber bereits das „aber“ im Raum schweben – ein 720p-Display lässt sich leicht mit Pixeln füllen aber was ist mit VR? Dazu kommen wir im nächsten Absatz.
Virtual Reality mit dem Valve Steam Deck
Theoretisch ist VR mit dem Steam Deck möglich. Der USB-C Port überträgt auch Displayport 1.4-Signale, so dass sich mittels Adapter eine Brille anschließen lässt. Da kein weiterer USB-Anschluss vorhanden ist, muss dieser aber per USB-Hub vervielfältigt werden. Hier sehen wir bereits erste Probleme mit einigen VR-Brillen: Nicht jedes Modell mag es, an einem Hub betrieben zu werden und dann noch an einen Port, der auch Bildsignale übertragen muss. Bei der HP Reverb G2 sehen wir daher schwarz – bisher verweigerte die HP-Brille bei uns Hubs und Bastellösungen. Valve Index könnte besser klappen – aber wollt ihr tatsächlich VR mit einem mobilen Gerät nutzen wenn die Brille Lighthouse voraussetzt?
Gute Chancen rechnen wir uns mit der Oculus Rift S aus, die zudem auch weniger große Anforderungen an die GPU stellt als eine Reverb G2 oder Vive Pro 2. Am besten sollte sich aber wohl die Oculus Quest und mit Einschränkungen die Oculus Quest 2 eignen, da wir hier notfalls ganz aufs Kabel verzichten können.
Warum die Quest 2 nur mit Einschränkungen? Weil die hohe Auflösung dieser VR-Brille die APU im Steam Deck stark überfordern wird.
Wir haben bereits ein wenig mit schwächerer Hardware und unterschiedlichen VR-Brillen herumexperimentiert – eine APU wie sie auch jetzt schon in Notebooks eingesetzt wird, mag keine hohen Auflösungen. Selbst die aus heutiger Sicht eher geringen Auflösungen von Rift S und Valve Index sind eine große Herausforderung. Grafisch anspruchsvolle Spiele verbieten sich da ganz schnell.
Und im Vergleich zur Oculus Quest?
Nun liegt der Vergleich mit anderer Mobilhardware wie den Qualcomm-Chips in Quest und Quest 2 natürlich nahe. Was die CPU-Leistung angeht, ist das Steam Deck meilenweit voraus. Vier Zen2-Kerne arbeiten viel schneller als die primär auf Energiesparen getrimmten ARM-Recheneinheiten wie sie Oculus verbaut. Und auch die RDNA2-GPU wird schneller rechnen als die Adreno-GPUs der Qualcomm-Mobilchips. Teils sogar spürbar schneller. Nun ist eine Oculus Quest als geschlossenes System mit speziell angepasstem Android-Betriebssystem aber auch darauf ausgelegt, möglichst viel aus der Hardware zu kitzeln und die nativ dafür erscheinenden Spiele sind stark auf die Hardware optimiert. Das gilt nicht für SteamVR-Titel. Deren Entwickler sind es gewohnt, die Leistung eines ausgewachsenen PCs in Anspruch nehmen zu können. Für ein Steam Deck ist da kein Titel optimiert und wird es mangels Relevanz auch in Zukunft nicht sein. Eine Grafik wie sie beispielsweise Vader Immortal auf die Quest bringt, wird mit dem Steam Deck in einer PC-VR-Brille so nicht machbar sein ohne viele Optimierungsschritte. Und warum sollte ein VR-Entwickler sein PC-Game für einen nicht für VR vorgesehenen Handheld optimieren? Die potentiellen Mehreinnahmen werden die Entwicklungszeit nicht im Ansatz finanzieren können.
Stabile 90+ FPS mit dem Steam Deck dürften daher nur bei grafisch wirklich sehr schmalen (oder sehr liebevoll angepassten) Spielen machbar sein. Ihr müsst dann selbst entscheiden, ob euch das reicht um „VR-tauglich“ genannt werden zu können – wir würden eher den Kopf schütteln, probieren es aber natürlich nach Release trotzig aus.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist das Linux-Betriebssystem. Zwar gibt es immer mehr Steam-Spiele, die nicht nur unter Windows sondern auch mit Linux (und Valves SteamOS auf Basis von Arch Linux) laufen, gerade bei VR (bei dem Linux im Gamingbereich bisher kein Thema ist) wird aber wohl oft Wine zur DirectX-Emulation genutzt werden müssen. Das sorgt für potentielle Probleme und Leistungsbremsen, die wir bisher noch nicht einschätzen können -vorwarnen möchten wir euch trotzdem.
Ist das Steam Deck denn nun VR-tauglich?
Die Antwort ist ein beherztes Jein. Theoretisch lässt sich VR-Hardware damit verbinden – sowohl kabellos als auch kabelgebunden. Allerdings ist mit Fallstricken zu rechnen, unter anderem weil nur ein USB-Port vorhanden ist. Die Leistung des genutzten Prozessors ist zudem mehr als grenzwertig für PC-VR, gerade die GPU ist zwar mit einer modernen Architektur gesegnet, bietet aber nur vergleichsweise wenig Performance. Selbst eine Desktop GTX 1050 dürfte etwas schneller arbeiten – und mit dieser würden wir kaum zu VR raten. Je höher die Auflösung eurer VR-Brille ist, desto weniger interessant wird das VR-Experiment mit dem Steam Deck.
Was aber spannend sein könnte in Zukunft: Die APU in einem dedizierten Mobil-Headset, dessen Betriebssystem und dessen Spiele auf die Architektur optimiert sind wie es bei Oculus Quest der Fall ist. Mit 15 Watt ist eine solche Lösung zwar nur extrem schwer zu kühlen (zum Vergleich: Gängige Qualcomm-Highend-Chips wie der Snapdragon 888 kommen auf 5 Watt) und auch die Akkulaufzeit fällt damit eher gering aus – was die Leistung angeht, rennt die AMD APU aber anderen MAobilchips (mit Ausnahme von Apples M1) aber problemlos davon. Nur: Für VR ist es halt dann doch nur bedingt ausreichend.
Und als letzter Tipp: Wenn ihr euch das Steam Deck kaufen wollt weil ihr gerne Flatgames mobil zockt – greift auf keinen Fall zum kleinsten Modell mit 64 Gigabyte. Nicht nur, dass die Speichermenge viel zu gering ist, es kommt auch nur vergleichsweise langsamer eMMC-Speicher zum Einsatz. Erst die beiden größeren Modelle nutzen eine flotte NVMe-SSD mit ausreichend Kapazität (bedeutet: um mindestens ein bis zwei AAA-Spiele installieren zu können – versucht mal ein aktuelles Call of Duty in 64 Gigabyte unterzubringen).
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Hallo Dod,
der Youtube Kanal Eta Prime hat aktuell mit bestehender Hardware sowohl Takt als auch Leistung des Steam Decks +- nachgeahmt und dazu Spiele Benchmarks ausgeführt.
Du könntest mit dem Steam Deck mit einer nicht so anspruchsvollen VR Brille defently zocken. Ob das sinnvoll ist, sei mal jedem selbst überlassen.
Wie gut das Streamen auf einer Quest 2 Virtual Desktop läuft, muss man wohl testen.
Aber als mobile Spiele Konsole, mit der du alles unterwegs in diesem Format zocken kannst, ist das Gerät perfekt.
Sowohl Mod support als auch freies System sind bestätigt.
Die Konsole wird damit keine tot Geburt, wie viele denken.