Wenn der Mainstream über VR berichtet: Spiegel Online und Giga mit zweifelhaften Artikeln

HTC Vive Pro Starter-Kit mit SteamVR Tracking 2.0

Wir lästern üblicherweise nicht über Mitbewerber, in diesem Falle machen wir aber aufgrund des teils recht großen Bullshitgehaltes eine Ausnahme. Vorhang auf für Spiegel Online und Giga.

Wenn in den Mainstream-Medien über Virtual Reality berichtet wird, finden sich oft diverse mittlerweile widerlegte Vorurteile, fragwürdige Kaufberatungen und nur selten wirklich gute Artikel über unser Lieblingshobby. Warum ist das so? Und warum sind die beiden letzten VR-Texte von Giga und Spiegel Online ganz besonders mies? Lasst es uns aufdröseln:

Giga.de VR Kaufberatung 2019

Bereits vor ein paar Wochen ärgerte ich mich etwas über eine VR-Kaufberatung bei Giga.de, die den Namen Kaufberatung eigentlich gar nicht verdiente. Natürlich freue ich mich sehr über jeden Artikel, der VR ins Bewusstsein der Menschen bringt. Aber wenn schon Kaufberatung, dann doch bitte auch so, dass der Leser am Ende wirklich beraten wurde. Bei Giga fällt hingegen eines auf: Dort konzentriert sich die Kaufberatung ausschließlich auf Produkte, die sich mit einem Affiliate-Link von Saturn bewerben lassen. Und angesichts des dort gekürten Spitzenreiters, der HTC Vive Pro, mag ich nicht so recht dran glauben, dass es dem Autoren tatsächlich um eine echte Übersicht über den VR-Markt ging.

–> Giga.de – Kaufberatung: Die besten VR-Brillen 2019

Tatsächlich: Die Vive Pro ist für Giga die beste VR-Brille auf dem Markt.

Die derzeit technisch sicherlich beste VR-Brille auf dem Markt ist die HTC Vive Pro. Das Gerät weist eine sehr gute Bildqualität mit einer Auflösung von 1440 x 1600 Pixeln pro Auge bei 90 Hertz Bildwiederholrate und einem Sichtfeld von 110 Grad auf.

Nun haben sie es immerhin mit einem „sicherlich“ relativiert, so sicher ist die Feststellung aber eigentlich nicht. Seit dem Release der Vive Pro sind einige ebenfalls sehr interessante und technisch sowie preislich interessantere Brillen auf den Markt gekommen. Natürlich ist die Vive Pro mit ihrem OLED und dem Lighthouse-Tracking keine schlechte Hardware, der recht hohe Preis von gut 1000 Euro für ein Komplettpaket oder immer noch fast 900 Euro für das HMD ohne Zubehör sollten aber auch in eine Bewertung hineinzählen. Zum Vergleich: Für das gleiche Geld bekommt ihr auch eine Valve Index mit Index Controllern – und auch wenn es bei diesen gewisse Probleme mit dem Klick des Daumensticks gibt, sind sie den Vive Wands ergonomisch und funktional doch stark überlegen. Von der Index selbst ganz zu schweigen: Zwar besitzt diese kein OLED, das RGB-LCD sorgt aber für ein geringeres Fliegengitter und arbeitet zudem mit bis zu 144 Hz bei einer sehr guten Darstellungsqualität. Gleicher Preis, mehr Leistung und sogar bessere Kopfhörer – aber eben nicht per Affiliatelink zu monetarisieren. Pech gehabt Valve, es kommt bei Giga offenbar nicht auf die Qualität sondern auf die Verfügbarkeit bei Saturn an.

Immerhin führt Saturn die Rift S und Oculus Quest sowie PSVR, so dass diese als weitere Empfehlungen ebenfalls genannt werden. Den Nachteil der hohen Systemanforderungen bei Vive Pro und Rift S lassen wir aber nicht unkommentiert stehen: Schon der 550-Euro-PC aus unseren Zusammenstellungen reicht aus um in VR Spaß zu haben, ein für AAA-Flatgames ausreichender PC ist mittlerweile auch für VR ausreichend. Und bei einem PC-Test von Tomb Raider steht üblicherweise auch nicht „Vorsicht, für Flatgames braucht ihr einen teuren PC!“. Spart euch das bitte in Zukunft, liebe Redaktionen, die Realität hat euch eingeholt. Sogar die virtuelle.

Oculus Quest als beste Standalone-Brille ist hingegen auch in unseren Augen eine gute Entscheidung.

Spiegel Online Empfehlungen für (PS)VR Spiele

Leider wusste man bei Spiegel Online offenbar nichts von der Hardwareentwicklung der letzten drei Jahre. In einem am 15. September veröffentlichten Artikel stellt Autor Carsten Görig einige PSVR-Games vor, die ihm gut gefallen. Daran ist an sich nichts schlechtes zu finden, Playstation VR ist auch 2019 noch ein tolles Stück Hardware mit hervorragenden Spielen. Allerdings spickt der Autor seinen Artikel mit einigen seltsamen Vorurteilen und veraltetem Wissen. Dass er bislang keine VR-Brille gefunden hat, unter der er seine Brille tragen kann (offenbar nicht einmal PSVR), könnte auch an einer wenig intensiven Recherche gelegen haben, vielleicht ist sein Brillengestell aber tatsächlich inkompatibel. Geschenkt.

–> Spiegel Online – Empfehlungen für Virtual Reality Spiele

Aber auch hier kommt wieder das Argument des „Hochleistungsrechners“ für PC-VR.

Ich nutze eine Playstation-VR-Brille. Die ist für mich ein guter Kompromiss aus Leistung, Preis und Softwareangebot. Ich brauche nur eine Playstation 4, die ich sowieso herumstehen habe. Andere VR-Brillen wie Oculus oder Vive mögen ein sehr viel besseres Bild haben, benötigen dazu aber einen Hochleistungsrechner, den ich nicht besitze. Empfehlen kann ich deshalb vorbehaltlos nur die Playstation-VR-Brille.

Nun würde ich zu behaupten wagen, dass der Einbau einer 150-Euro-Grafikkarte in seinen Word-PC (sorry wenns ein Apple ist, dann wären Vorwürfe in Richtung zu teurer Hardware aber noch unangebrachter), bereits ausreichen würde um einen solchen „Hochleistungs-PC“ zu erschaffen.

Mein größter Kritikpunkt ist aber wieder die Auswahl der präsentierten Spiele. Nicht, dass die Games im Artikel schlecht wären – aber es fällt schon etwas stark auf, dass ausschließlich Spiele mit Boxed-Version, bestellbar über Amazon, empfohlen werden.

Das bereits angesprochene Vorurteil findet sich dann im Text zu Wipeout Omega Collection:

Beim Spielen mit aufgesetzter Brille sollte man nicht stehen. Man sieht nichts und wird bald stolpern.

Nun. Nein. Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen. Sicherlich ist PSVR eher für sitzende Erfahrungen gedacht, im Stehen spielt es sich aber dennoch sehr gut und ohne dauernd zu stolpern. Ich spiele seit Jahren fast ausschließlich im Stehen und bin mir dieser Gefahr bisher gar nicht bewusst gewesen – wie oft wäre ich wohl schon gestolpert, hätte man mir das vorher gesagt? Tipp an die Redaktion: Einfach den Spielbereich frei räumen. Macht man ja bei anderen Aktivitäten auch. Niemand würde raten, Brettspiele ausschließlich auf dem Parkplatz zu spielen weil der Esstisch ja immer vollgestellt ist. Oder?

Beide Artikel wirkten auf mich so, als wenn die vorgestellten Produkte nur gewählt wurden, weil es sie eben bei einem Partnershop zu kaufen gibt. Wie ihr wisst, habe ich kein Problem mit Affiliate, im Gegenteil. Wenn es gut umgesetzt wird. Produkte wie Giga komplett zu verschweigen, weil sie der favorisierte Händler nicht führt ist unprofessionell. Und es dann noch Kaufberatung zu nennen ist moralisch mehr als fragwürdig.

Spiegel Online ist da geschickter, da es sich um persönliche Empfehlungen des Autoren handelt. Das passt soweit, hinterlässt aber halt trotzdem einen unangenehmen Nachgeschmack wenn es sich ausschließlich um Boxed-Spiele handelt. Und vielleicht wäre es auch nett gewesen, wenn jemand mit etwas mehr VR-Kenntnis einmal drüber gelesen hätte 😉 .

Affiliate ist nicht böse, wenn man es richtig macht

Ich schreibe selbst, unter anderem für Gamestar, Affiliate-Artikel und Sponsored Posts mit reiner Werbung. Daher kenne ich mich mit den Gegebenheiten aus und habe nachvollziehbares Verständnis für solche Texte. Aber: Affiliate sollte nie der Grund für eine Kaufberatung sein. Eine sowieso geplante Kaufberatung bei passenden Produkten mit Affiliate verbinden und drauf hinweisen: Warum nicht, tut keinem weh. So machen wir es bei unseren PC-Zusammenstellungen und der VR-GPU-Beratung ebenfalls. Wenn aber ein besonders gutes Produkt halt nicht bei einem unserer Partnershops gelistet ist wird es trotzdem empfohlen. Weil wir euch eine möglichst gute Beratung ohne Bullshit geben wollen und alles andere Beschiss ist.

Die Giga-Kaufberatung hätte in meinen Augen als Sponsored Post, als Werbung, gekennzeichnet werden müssen. Hier fehlt die Kaufberatung fast vollständig zugunsten von Saturns sehr begrenzter Angebotspalette. Achtet also bei Artikeln über VR immer auch etwas darauf, mit welcher Intention der Text geschrieben zu sein scheint. Fehlen wichtige Produkte? Objektiv wichtige, wie die Valve Index oder auch WMR als Einstiegslösung – subjektiv kann schließlich alles wichtig sein.

Ein weiteres Problem vieler Medien mit VR ist aber auch das fehlende Hintergrundwissen. Es fehlen Redakteure, die selbst VR-Enthusiasten sind und sich freiwillig mit der Technik beschäftigen – dauerhaft. Es tut sich viel auf dem Markt, in letzter Zeit sind viele neue Brillen erschienen. Wie SPON die Oculus Quest komplett auszuklammern – immerhin wäre diese ein tolles Beispiel für günstige VR die keinen Hochleistungs-PC benötigt, spricht für mich nicht von Absicht sondern von Unwissen bezüglich der Marktsituation.

Und bei Redakteuren, die VR nur gelegentlich nutzen – wenn überhaupt – bin ich auch nur bedingt sauer, wenn sie nicht permanent jede VR-News aufsaugen. Das Stichwort nennt sich aber „Recherche“. Diese sollte vor dem Schreiben stattfinden um solche Fehler zu vermeiden. Recherchefehler macht jeder, dabei aber Vorurteile wie den Punkt mit dem Stolpern zu verbreiten ist in meinen Augen ein no-go.

Wie seht ihr es? Sind die verlinkten Artikel ok und ich stelle mich nur an um mit vielen Worten herumweinen zu können?

 

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3 Kommentare

  1. Hi – DOD- Du weist wo es herkommt- politisch und verbandsseitig-im übrigen haben immer die den grössten Rand, die sich nicht im Detail auskennen – unsere kleine zukunftsoptimistische Community wird es niemals schaffen, der Masse was zu erklären – es hat sich zuviel zurückentwickelt – machen wir wenigen das Beste draus und lassen die Staatsmedien draussen – is besser so !

  2. Ich bitte dich, Begriffe wie „Staatsmedien“ hier zu unterlassen. Schließlich schreibe ich selbst für diverse Medien und auch für welche, die du als „Staatsmedien“ bezeichnen würdest. Daher weiß ich, dass der dahinterliegende Vorwurf schlicht falsch ist und nur auf fehlendem Wissen basiert.

    In diesem Falle hat bei SPON und Giga die Gier über dem Journalismus gewonnen. Das passiert tatsächlich öfter. Aber daran sind wir auch alle ein wenig selbst schuld indem wir den Medien immer mehr Chancen nehmen sich zu finanzieren. Adblocker anyone? Diese Auswüchse prangere ich aber an, gerade weil ich selbst im Affiliatemarketing tätig bin und weiß, dass man es definitiv seriöser machen kann und muss. Da hat aber keine Merkel oder so ihre Finger im Griff, das kann ich die tatsächlich garantieren.

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