HP Reverb G2 im Test – Tolles VR-Bild mit einem „aber“..

Die HP Reverb G2 wird ausgeliefert und wir konnten bereits die letzten Wochen mit der VR-Brille verbringen und sie intensiv testen. Uns gefällt dabei nicht alles..

Als ich mir im Sommer bei MRTV das Vorserienmodell der HP Reverb G2 anschauen (und natürlich ausführlich ausprobieren) konnte, war ich von der Bildqualität und dem Tragekomfort begeistert. So gut wie kein wahrnehmbares Fliegengitter im Bild, dafür knackige Farben und sogar ein besseres Schwarz als bei so gut wie allen anderen LCD-Brillen – beeindruckend. Wie mein Vorabbericht zeigt, war ich mit dem Tracking noch nicht komplett zufrieden, außerdem gab es noch ein paar technische Macken wie starkes Ghosting und gelegentliche Aussetzer. Entsprechend gespannt war ich dann also auf das finale Modell, zumal sich die G2 in der Zwischenzeit mehrfach in der Auslieferung verzögerte. Argument HP: Valve hat neue Linsen entwickelt, die die Bildqualität noch einmal verbessern sollten.

–> Unser Test des Vorserienmodells der HP Reverb G2

Dass Macken wie das Ghosting es nicht in das Serienmodell schaffen werden, war zu dieser Zeit bereits klar, solche Probleme sind üblich bei nicht finaler Betahardware. Tatsächlich läuft das Bild der Serien-G2 flüssig und bietet sogar noch etwas bessere (weil weniger grelle) Farben. Ebenfalls geblieben ist der nur noch mit Mühe wahrnehmbare Screendooreffekt und damit einhergehend eine beeindruckende Detailschärfe. Das lässt Spiele wie Half Life: Alyx aber auch Medal of Honor (das ich im Rahmen unseres Tests mit der G2 per Revive durchgespielt habe) wie Next-Gen-Titel wirken.

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Die HP Reverb G2 zeigt in Spielen wie Half Life Alyx deutlich mehr Details als die Konkurrenz-HMDs.

Doch kommen wir zuerst zu den technischen Daten der HP Reverb G2 – falls ihr von der Brille noch nichts gehört habt. HP nutzt hier Windows Mixed Reality als technische Basis, startet aber eine neue WMR-Generation mit vier statt zwei Inside-Out-Trackingkameras, überarbeiteten Controllern und vor allem einer deutlich höheren Auflösung. Brachten es klassische WMR-Brillen wie die Lenovo Explorer auf 1.440×1.440 Pixel, hebt HP das, wie schon bei der G1, auf beeindruckende 2.160×2.160 Pixel pro Auge an. Die Displays laufen weiterhin mit den gewohnten 90 Hz. Auf ein größeres FoV verzichtet HP, ebenso wurden die Trackingkameras nicht verbessert sondern nur verdoppelt. Das Gewicht der G2 fällt mit 550 Gramm angenehm gering aus, so dass der Tragekomfort auch ohne aufwändiges Halo-Headstrap (gehalten wird sie wie die alte Vive nur mit Klettband, was aber gut funktioniert solange ihr die Brille nicht oft zwischen Menschen mit unterschiedlichen Kopfgrößen wechselt) angenehm ausfällt.

Für den Klang steuert Valve zudem die schon bei der Index überzeugenden Over-Ear-Lautsprecher bei, die auch bei der G2 für einen guten Klang sorgen. Mehr dazu aber später.

Die Kabellänge ist mit 6 Metern erstaunlich luxuriös bemessen, ein Großteil der Konkurrenz kommt auf nur 4-5 Meter.  Allerdings benötigt die HP Reverb G2 einen zusätzlichen Stromanschluss, der nahe der PC-Anschlüsse in einer Verteilerbox angeschlossen wird.

Hätte HP sich doch nur noch etwas Zeit fürs Feintuning genommen..

Technische Daten:

  • Display: 2x LCD mit je 2.160×2.160 Pixeln, 90 Hz
  • Tracking: Inside-Out, 4 Kameras
  • Kabellänge: 6 Meter
  • Anschlüsse: USB 3.0 (USB Typ C, Adapter auf Typ A beiliegend), Displayport 1.3
  • Gewicht: 550 Gramm

Hinweis: Wir haben die HP Reverb G2 primär mit dem XMG Neo 15 Notebook (Core i7-10875H, 32 GB RAM, RTX 2070 Super) getestet.

Bildeindruck der HP Reverb G2

Wer von einer älteren VR-Brille wie der HTC Vive umsteigt, dürfte überwältigt sein. Aber auch wer von einer Oculus Rift S oder Oculus Quest (1) kommt, wird sich verwundert die Augen reiben, wie klar das Bild in der VR sein kann. Die Displays machen einen tollen Job, dank der hohen Auflösung ist nur noch mit sehr viel Anstrengung (oder bei sehr ungünstigen Kontrastverhältnissen in der Anwendung) ein Screendooreffekt zu sehen. Auch die Textlesbarkeit gewinnt durch die Auflösung enorm. Mit 90 Hz fehlt zwar die smoothness einer Valve Index, die auf bis zu 144 Hz kommt – allerdings dürften auch nur wenige PCs die hohe Auflösung mit mehr als 90 FPS beliefern können.

Wie gut die Bildqualität final ist hängt zwar auch von eurer Kopfform ab, generell mag ich aber nur noch sehr ungerne auf das scharfe Bild verzichten. Auch die Farbdarstellung ist beeindruckend. Alles in allem hat HP bei der Bildqualität einen großartigen Job gemacht und hier haben wir auch den mit Abstand größten Pluspunkt der Reverb G2.

Das erste „aber“

Während ich den Sweetspot, den scharf dargestellten Bereich des Bildes also, beim Vorserienmodell noch gelobt habe, fällt er bei meinem Testgerät deutlich schwächer aus. Wird ein Text über den gesamten Sichtbereich angezeigt, ist nur die Mitte wirklich scharf. Das fällt auch bei normaler Spielgrafik auf, ist aber dabei selten störend. Bei Flugsimulationen wie dem Flight Simulator 2020 hingegen stört der sichtlich geschrumpfte Sweetspot aber, da hier Instrumente über das gesamte Sichtfeld abgelesen werden wollen. Interessant: Nachdem ich ein wenig mit verschiedenen Alternativ-Gesichtspolstern herumexperiementiert habe, stellte ich fest: Je nach Position der VR-Brille auf dem Kopf fällt der Sweetspot mal größer und mal kleiner aus. Wie groß das scharfe Sichtfeld ist, hängt dabei nicht unbedingt nur von der G2 selbst ab sondern vor allem auch vom Kopf des Nutzers und damit vom Sitz der Brille auf demselben.

Gegenüber dem Vorserienmodell wurden die Linsen der Serien-G2 angeblich optimiert – ich finde sie eher schlechter als zuvor, vor allem was den Sweetspot angeht.

Gleiches gilt auch für das Field of View, FoV: Ein dünneres Polster als das mitgelieferte (MRTV rät zu einem Cover der Samsung Odyssey+) sorgt für ein größeres Sichtfeld. Im Test kam zumindest mir und meinem Sohn das Sichtfeld unseres Testmusters aber nicht zu klein vor, es war sogar etwas größer als das der Oculus Rift S. Aber: Auch hier entscheidet letztlich die Kopfform (unter anderem beispielsweise wie tief die Augen im Schädel liegen, auch wenn das jetzt unappetitlich klingt) über euren subjektiven Eindruck.

Tracking ist umgebungsabhängig

Dass ein Inside-Out-Tracking wie bei Oculus oder eben WMR nicht an das fast perfekte Erlebnis mit dem Lighthouse-System von HTC/Valve herankommt, dürfte Lesern dieser Webseite klar sein. Doch wie gut schlägt sich die G2 im Vergleich zu den Oculus-Produkten und den WMR-Vorgängern? Immerhin kommen zwei weitere Kameras zum Einsatz. Praktisch ist bei der genutzten Technologie auf jeden Fall, dass ihr keine externen Stationen aufbauen müsst.

Die gute Nachricht: Habt ihr bereits eine WMR-Brille und funktioniert das Tracking dieser bei euch gut, wird auch die G2 keine Probleme machen. Bei MRTV konnten wir sehen, dass die Trackingqualität auf jeden Fall gut (aber nicht sehr sehr gut..) sein kann. Unpraktisch ist jedoch, dass der primäre VR-Raum der Legion nur bedingt dafür geeignet ist. Bei Tageslicht entspricht die Trackingqualität bei uns grob der einer Oculus Quest 1, was wir für ausreichend halten. Allerdings schwimmt auch unser Quest ab und zu mal ein Controller weg, bei der G2 passiert das ebenfalls. Unangenehmer wird es ohne Tageslicht. Vor allem die Tageslichtlampe darf nicht eingeschaltet sein, sonst zucken die virtuellen Arme unangenehm vor sich hin. Licht braucht das optische Tracking aber trotzdem, zumindest ein wenig. Eine möglichst passive Lichtquelle hilft hier, die Qualität zu verbessern. Mit einem auf die Wand gerichteten Strahler war das Tracking ok, wenn auch nicht für Beat Saber auf Expert+ geeignet – jedenfalls beklagt sich der Nachwuchs, ich selbst bin auf diesem Schwierigkeitsgrad auch per Lighthouse überfordert. Blade&Sorcery zeigt aber ohne Tageslicht immer gewisse Aussetzer beim Tracking, was sich in zuckenden Armen manifestiert.

Für das Tracking sind vier Kameras zuständig, das Trackingvolumen fällt aber immer noch zu klein aus.

Wie erwähnt, das ist ein Ausnahmefall, unser VR-Raum scheint besonders schlecht für WMR-Tracking geeignet zu sein. Die gleichen ambivalenten Ergebnisse gab es hier bereits mit der Samsung Odyssey+, weshalb diese auch nicht zum regelmäßig genutzten HMD wurde. Ärgerlich ist nur, dass wir keine spürbaren Verbesserungen durch die zusätzlichen Kameras beobachten können – weder ich, noch der Rest der Familie. So richtig zufrieden stellt mich das Tracking daher nicht, ich bin bei meinen Lieblingsspielen mitunter sehr genervt gewesen. Dazu müsst ihr aber berücksichtigen: Wer kein Lighthouse kennt und bessere Tracking-Voraussetzungen im Raum hat, wird damit durchaus glücklich sein können. Anfälliger gegenüber Umgebung und Lichtverhältnissen als das Tracking von Oculus ist das der G2 aber auf jeden Fall. Das muss kein Dealbreaker für euch sein – und im Zweifel lässt sich mit Tricks auch Lighthouse (inklusive Index Controller) zur Kooperation überreden (dafür benötigt ihr jedoch die Lighthouse-Stationen, passende Controller und spezielle BT-Dongles (oder eine ausgemusterte Lighthouse-Brille) um es zum Laufen zu bekommen).

 

Halte ich die Controller in Hüfthöhe und nehme sie dann vors Gesicht, beispielsweise weil ich mit einem Gewehr durch den Level renne und es dann zum Zielen vors Auge halte, neigt es zum „springen“. Der Trackingbereich reicht offenbar nicht weit genug nach unten um das zu verhindern und die integrierten Sensoren erkennen zwar fließende Bewegungen, nicht aber diese Ruhepause vor dem Zielen. Zu lange bewegungslos hinter dem Rücken dürfen Controller bei Inside-Out eh nicht sein, das Headset muss schon noch sehen oder wenigstens „ahnen“, wo sich die Controller befinden.

Zu nah am Headset solltet ihr die Controller ebenfalls nicht halten, was unpraktisch beim Zielen sein kann. Die Kameras können dann die Leuchtpunkte nicht mehr auseinanderhalten und neigen ebenfalls zum Springen. Oculus hat das besser gelöst, allerdings auch erst nach einigen Updates der Software. In den meisten Spielen kommt es aber nicht zu solchen Situationen, da ein gewisser Abstand gut funktioniert.

Controller

Wie bei WMR gewohnt kommen die Controller der HP Reverb G2 mit einem großen Tracking-Kranz, der mit hell leuchtenden Punkten auf sich aufmerksam macht. Oculus nutzt hier Infrarot, was deutlich unscheinbarer ist. Der große Kranz ist erst einmal ungewohnt, in der ersten Zeit mit der G2 kollidierten meine Controller beim Nachladen einer Waffe in Medal of Honor oft miteinander. Daran gewöhnt man sich aber durchaus schnell, dann kommt es nicht mehr (so oft) vor.

Die neu designten Controller weisen nun endlich ein besseres Layout auf, das sehr stark an das der Oculus Touch Controller erinnert – inklusive Daumenstick, zweier Buttons, einem Grip und dem Trigger sowie zwei Sonderbuttons von denen einer das WMR-Startmenü aufruft. Ärgerlich ist nur, dass viele Spiele bei Steam keine angepassten Controller-Belegungen aufweisen und so mitunter einzelne Funktionen nicht angesprochen werden. Die Community bastelt zwar immer wieder angepasste Controller-Bindings und mitunter funktionieren auch die bereits für WMR hochgeladenen Belegungen, immer ist das aber nicht der Fall. Beim Spielen von Medal of Honor per Revive gab es fast noch die wenigsten Probleme – hier wird einfach die Oculus-Belegung übernommen, die sehr gut funktioniert.

Batteriefresser mit schwacher Vibration – ansonsten gewöhnt man sich aber schnell an die Eingabegeräte.

Eine Erkennung einzelner Finger bietet WMR allerdings nicht, die meisten Oculus-Gesten („Daumen hoch“ beispielsweise) funktionieren aber. Dafür ist die Vibrationsfunktion nicht so stark ausgeprägt wie bei anderen Controllertypen – stört nicht jeden, sollte aber Erwähnung finden. Ärgerlich ist aber definitiv die schwache Batterielaufzeit. Einen integrierten Akku wie bei Wands oder Index Controllern gibt es nicht, es kommen zwei AA-Batterien oder -Akkus pro Controller zum Einsatz. Mit den beiliegenden Noname-Batterien waren die Controller schon nach wenigen Stunden nicht mehr benutzbar. Das meinen wir wörtlich: In den Batterien ist durchaus noch Energie gespeichert, die Controller reagieren aber sehr unwirsch auf eine abfallende Spannung, so dass es bei noch-nicht-ganz-leeren Batterien vermehrt zu Trackingproblemen kommt.

Mit danach eingesetzten Energizer-Batterien verdoppelte sich die Laufzeit zwar auf gut 8-10 Stunden, das ist aber immer noch viel zu wenig für den Stapel an Sondermüll, den Batterien darstellen. Sinnvoller ist es daher auf Akkus auszuweichen. Hier müssen (!) es aber die eher seltenen (und teureren) Modelle mit einer Spannung von 1,5 Volt sein! Klassische Li-Ion-Akkus schaffen das nicht und zusammen mit der mit sinkender Ladung abfallenden Spannung sorgt das schon nach kurzer Zeit für einen Akkuwechsel oder Trackingaussetzer. Kauft also auf jeden Fall Akkus mit 1,5 Volt wenn ihr Spaß haben wollt – und bestellt gleich ein passendes Ladegerät mit, da  die herkömmlichen diese Akkus nicht laden können.

Von der Handhabung gefallen mit die Controller ansonsten aber schon, auch wenn sie rein subjektiv recht groß und, auch objektiv, recht schwer sind. An die Klopper der HTC Vive Cosmos (und auch an deren teils desaströses Tracking) kommen sie aber im positiven Sinne nicht heran. Nach kurzer Eingewöhnung spielt es sich damit nicht viel schlechter als mit den Oculus Touch Controllern. Nur halt kürzer wegen des Energiehungers..

Sound und Komfort

Die „floating“ Lautsprecher (es sind keine Kopfhörer, da sie das Ohr nicht einmal berühren), die so auch schon bei der Valve Index zum Einsatz kommen, gefallen mir hingegen sehr gut. Der Klang ist satt und weist sogar hörbare Bässe auf. Einen guten Hifi-Kopfhörer ersetzt das zwar nicht (und ein Kopfhöreranschluss fehlt der G2 leider), für den spielerischen Alltag reichen Klang und Lautstärke aber vollkommen aus. Ärgerlich bei meiner Kopfform: Egal wie ich die Brille aufsetze und wie ich die Klangerzeuger positioniere, sie sitzen bei mir nie direkt über dem Ohr. Das ist bei der Valve Index anders, dort gibt es etwas mehr Spielraum. Leider wirkt sich das negativ auf das Klangerlebnis aus, da weniger Schalldruck das Ohr erreicht. Auch das muss bei euch nicht so sein, wie vieles ist das der Kopfform geschuldet.

Valve steuert die „floating“ Lautsprecher der Index bei, der Klang ist gut.

Das integrierte Mikrofon ist hingegen in Ordnung und auch gut positioniert. Es stört nicht mit übermäßigen Plopp-Geräuschen wie bei HTC seit einiger Zeit gewohnt sondern zeichnet einen gut verständlichen und natürlichen Klang auf. Jedenfalls, wenn ihr die Mikrofonlautstärke in Windows auf maximal 50% regelt, in der Default-Einstellung übersteuert das Mikrofon.

Der Komfort ist dank des vergleichsweise geringen Gewichtes sehr angenehm. Ich dachte, dass ich das Halo-Strap mit Knopf zum Anpassen mehr vermissen würde, die G2 sitzt aber tatsächlich auch so gut und vor allem stabil auf dem Kopf. Nicht so wie meine Pimax 5K+, bei der ich bei hektischen Bewegungen immer Angst habe, sie abzuwerfen. Das Gesichtspolster ist abnehmbar und magnetisch befestigt, ganz wie bei der Valve Index. Sehr sehr angenehm: Die G2 drückt absolut nicht im Gesicht und hinterlässt auch keine störenden Spuren (das berühmte rote VR-Gesicht). Was ich mir auch angesichts der bereits erwähnte Probleme mit Sweetspot und bedingt FoV gewünscht hätte, wäre aber ein zweites, etwas dünneres, Polster. Auch um die doch sehr individuellen Kopfformen besser ausgleichen zu können. Hier hat HP sich keinen Gefallen getan.

Der Tragekomfort konnte überzeugen, auch ohne viele Einstellmöglichkeiten.

Softwarezeug

Zur Einrichtung benötigt ihr nur das bei Windows 10 bereits teilinstallierte WMR-Portal, für die Nutzung mit Steam zusätzlich „Windows Mixed Reality for SteamVR“, das nur wenige Megabyte klein ist und kostenlos heruntergeladen werden kann. Die Einrichtung findet in diesem WMR-Portal statt und es läuft auch immer im Hintergrund mit. Bei der Ersteinrichtung hätte Microsoft (hier ist HP nicht verantwortlich, da sie nur die Plattform nutzen aber sie nicht selbst entwickeln) sich gerne etwas mehr bei Oculus abschauen können, es kommen aber auch so sogar Einsteiger damit zurecht. Das „Cliffhouse“ genannte Startgebiet wirkt aber aus heutiger Sicht schon etwas in die Jahre gekommen. Immerhin lässt es sich einrichten und bietet auch Möglichkeiten um Filme auf einer großen Leinwand zu schauen und Programme zu starten. SteamVR beispielsweise – schon weil es im Microsoft Store nur recht wenige VR-Spiele gibt.

Das Cliffhouse ist der Startpunkt für Windows Mixed Reality.

 

Um die hohe Auflösung ausfahren zu können, solltet ihr einen nicht zu schwachen Rechner nutzen, gerade die Grafikkarte wird arg belastet. Wir haben den Test auf verschiedenen Notebooks mit RTX 2070 Max-Q und RTX 2070 Super gemacht, hier läuft alles recht gut, auch wenn performancehungrige Spiele wie FS2020 VR oder Medal of Honor nie mit 90 FPS sondern eher der Hälfte laufen. Dank Reprojection lässt es sich damit trotzdem spielen, ohne dass einem übel wird. Die Animationen in VR wirken so aber deutlich weniger flüssig.

WMR stellt zudem (auf Wunsch) die Auflösung automatisch ein und schaltet deutlich herunter wenn es zu langsame Hardware (eine GTX 1080 sollte es schon mindestens sein) erkennt. Im Performance-Modus ist der Bildeindruck dann nicht mehr viel besser als der einer Rift S, dafür könnt ihr aber auch eine schwächere GPU nutzen (bis dann wieder Grafikkarten auf dem Markt verfügbar sind..). Achtet auch darauf, im SteamVR keine zu hohe Supersampling-Einstellung zu wählen, sonst überfordert ihr selbst eine RTX 3090.

Alles in allem ist die Einrichtung und Nutzung recht angenehm und problemfrei, vor allem, da Windows sich die benötigten Programmpakete größtenteils automatisch zieht.

Probleme

Wie bereits unser Troubleshooting-Artikel zeigt: Es ist nicht alles eitel Sonnenschein bei der G2. Auch wenn wir auf insgesamt 5 verschiedenen Notebooks und einem Desktop-PC (Intel- und AMD-Hardware aber ausschließlich Nvidia-GPUs) kaum Probleme mit der Inbetriebnahme und Nutzung der G2 hatten, sieht das nicht bei jedem Nutzer so aus. Vor allem USB macht Ärger, offenbar läuft die G2 stark am Rande jeder Spezifikationen. Und mit 6 Metern USB-Kabellänge schaut sie sich den Rand wohl auch eher von der falschen Seite aus an. Kleinste Abweichungen eures USB-Anschlusses von der Norm können daher dafür sorgen, dass die G2 entweder nicht erkannt wird oder andere Probleme bereitet. Lest am besten den Troubleshooting-Text wenn ihr einen Eindruck davon bekommen wollt – einige der Probleme lassen sich aber mit einer zusätzlichen USB-Steckkarte (wie dieser von Inateck, die bei der Community gut funktioniert) oder einem USB-Hub (aktiv, also mit eigener Stromversorgung, wie dieser hier bei Amazon) beheben. Wir hoffen auf ein baldiges Firmwareupdate um diese Probleme auch ohne Zusatzkauf in den Griff zu bekommen.

Mit einem dünneren Gesichtspolster oder einem zusätzlichen für unterschiedliche Kopfformen hätten HP sich einen großen Gefallen getan.

Nicht in HPs Verantwortung sind Nickeligkeiten mit der WMR-Software selbst. So ist es elementar, alle verfügbaren Windows-Updates und auch aktuelle Grafiktreiber eingespielt zu haben (vor allem wenn ihr eine der neuen GPU-Generationen nutzt). Umso ärgerlicher, dass nicht jedes nötige Update von Microsoft automatisch eingespielt wird und es mitunter mehrfaches manuelles Suchen nach Updates in der Systemsteuerung bedarf um alle zu finden. Macht euch die Mühe bei Problemen aber auf jeden Fall! Mitunter half auch erst eine Windows-Neuinstallation, vor allem wenn ihr ein „verspieltes“ und lang laufendes System habt. Fun Fact: Ausgerechnet das explizit zum Testen der G2 von HP mitgeschickte ZBook Create (kein günstiges Gerät ganz nebenbei) ließ sich überhaupt nicht überreden, die zum Betrieb nötigen Updates der WMR-Software zu laden, mit allen anderen hier vorhandenen Geräten ging es aber problemlos.

Für Einsteiger ist die HP Reverb G2 damit aber eher nicht zu empfehlen, ein wenig Erfahrungen mit Windows und VR ist dringend angeraten. Hier muss HP bei der USB-Zickigkeit aber auch Microsoft bei der Softwareplattform dringend nachbessern. Ganz zu schweigen von Nvidia und AMD, deren RTX 3000 und RX 6000 noch vor wenigen Wochen überhaupt nicht mit der G2 funktionierten (mit aktuellen Treibern aber jetzt schon) und auch immer noch ein paar unvorhergesehene Performanceprobleme und anderen Trouble verursachen. Generell läuft Nvidia-Hardware aber etwas besser mit der G2 als GPUs von AMD (zumindest die RX5/6000-Serie).

Fazit zur HP Reverb G2: Schrödingers VR

Rundum empfehlen kann ich die G2 nach den selbst gemachten aber vor allem den von Nutzern berichteten Erfahrungen nicht mehr. Sie bietet ein wirklich einmaliges Bild und es fällt sehr schwer, danach wieder auf eine niedriger auflösende Brille umzusteigen. Das macht es umso ärgerlicher, dass sie mitunter einige sehr schwerwiegende Probleme mit der USB-Verbindung aber auch mit der Windows-Plattform hat. Sollte sich das durch Updates an Firmware und Windows ändern, ist die HP Reverb G2 aber eine sehr gute VR-Brille mit gutem Tragekomfort, erstklassiger Bildqualität und guten Lautsprechern, die zudem spürbar weniger kostet als eine Valve Index.

Da ich im Testzeitraum die von andern Nutzern berichteten Probleme bis auf sehr wenige Ausnahmen nicht hatte, bin ich auch weiterhin von den Vorzügen überzeugt – eine für Endkunden angebotene Brille muss aber deutlich problemfreier bei vielen Nutzern funktionieren für einen Kauftipp. Mein größter Kritikpunkt im sonst sehr stressfreien Test war daher die suboptimale Trackingqualität – und auch da gibt es viele Nutzer, die absolut keine Probleme mit dem Tracking haben.

Hier noch einmal ein Direktvergleich von Index und Reverb G2.

Die HP Reverb G2 ist daher eine VR-Brille die ich an eurer Stelle nicht blind kaufen würde. Habt ihr die Chance. sie vorab selbst zu testen, werdet ihr sehen ob Sweetspot und FoV für euren individuellen Kopf passen und ob ihr mit dem Tracking und den Controllern zurecht kommt. Probleme wie fehlende Controller-Anpassungen in SteamVR-Spielen dürften mit zunehmender Verbreitung besser werden, aktuell kann das aber noch für Frust sorgen. Die G2 ist aktuell zu frickelig als dass ich sie uneingeschränkt empfehlen würde. Und das ist schade denn, wie bereits mehrfach erwähnt, die Bildqualität ist wunderbar. Bei Alyx sehe ich Details in den Texturen, die mir nie zuvor aufgefallen sind und Medal of Honor wirkt auf einer Rift S plötzlich wie ein PS3-Game während die G2 übertragen gesprochen die PS5 (oder den fetten Gaming-PC) darstellt. Next-Gen, tatsächlich. HP und auch Microsoft haben noch einiges an Arbeit vor sich.

Das liest sich jetzt alles viel negativer als es tatsächlich ist. Jedenfalls als es bei mir persönlich im Test war. Trotzdem sind die Berichte über nicht korrekt funktionierende G2 und über Probleme mit FoV und Sweetspot nicht von der Hand zu weisen. Die HP Reverb G2 ist für mich daher Schrödingers VR: Gleichzeitig eines der besten VR-HMDs und eines der schlechtesten.

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9 Kommentare

  1. Schöner Test. Ich hoffe HP kann gerade in Sachen Software noch etwas nachbessern, wobei sie ja schon an einem Firmware Update arbeiten der z.B. die Mikro Lautstärke korrigiert, so dass dann eben 100% den alten 50% entsprechen und auch die Lautstärke der Ohrlautsprecher werden wohl um ~5% reduziert (bei aktuell 100% kann, wenn es sehr laut wird, der Bildschirm schwarz werden). Vielleicht macht HP auch noch mal Druck auf Mikrosoft um das Tracking noch etwas zu verbessern, Wunder kann man bei dem kleinen Tracking Volumen natürlich keine erwarten. Aber ich denke einige Kinderkrankheiten werden die nächsten Wochen/Monate noch behoben.

    Vielleicht bietet HP dann auch noch selbst ein kürzeres Facegasket an. Alles Kleinigkeiten, die man hätte vermeiden können, sehr ärgerlich. Ich selbst bin mit meiner G2 soweit ganz zufrieden, nur da ich ab und zu auch gerne VRChat bzw. Social VR in Zukunft nutzen möchte, machte sich das fehlende Fingertracking schon etwas negativ bemerkbar, aber ich hab ja eh schon mit den Index Controllern geplant.

  2. Sehr toller Test. Ich stimme mit den meisten Erkenntnissen überein. Mit den Controllern/Tracking hab ich kein Problem. Die kommen natürlich nicht an Lighthouse heran, aber das Lighthouse System der Index kostet aber ja auch mehr als die komplette G2. Die Oculus touch 1 Controller gefallen mir besser von der Ergonomie und die großen Ringe der G2 Controller stoßen gerne mal zusammen (z.B. beim schnellen Nachladen in Shootern. Beide Controller habe halt die natürliche Limitierung von Inside-Out-Tracking. In Schulnoten würde ich sagen: LH: 1, Oculus Touch: 2+, G2: 2.
    Die Sweetspot fiel mir auch negativ auf, bzw. die Edge to Edge clarity. Das liegt aber vor allem auch an die unglaublichen Schärfe im Mittelpunkt. Wahrscheinlich ist der nicht mehr ganz so schärfe am Sweetspot grenzende Bereich der G2 immer noch schärfer als der Sweetspot der Quest 1, Rift S oder Vive.
    Das größte Problem, dass ich mit der G2 habe ist die sehr schlechte Performance, gerade unter SteamVR (alle WMR Demos laufen perfekt). Ein Medal of honor lief z.B. bei mir gar nicht bzw. wenn, dann nur mit max 10-15 FPS. Und das selbst, wenn ich in SteamVR das Supersampling auf 20% runterregel.(Mein PC: AMD Ryzen 7 3700x, RTX 2070 super, 16 GB DDR4 RAM, nur SSD´s im PC).
    Im Austausch mit der Community in verschiedenen VR Discords habe ich als ein mögliches Problem die letzten Treiberversionen von NVIDIA ausgemacht (460.89). Auf der offiziellen NVIDIA Homepage wird mitgeteilt, dass es im aktuellsten Treiber massive Problem mit SteamVR gibt: https://www.nvidia.com/en-us/geforce/forums/game-ready-drivers/13/419161/geforce-46089-game-ready-driver-feedback-thread-re/

    Unglücklicherweise wurde diese Treiberversion zu dem Zeitpunkt veröffentlicht, als viele Vorbesteller ihre G2 bekommen haben und so wird eine schlechte Performance auch gerne der G2 in die Schuhe geschoben. Ich habe jedoch z.Zt. die gleichen Performance Probleme mit meiner Quest 1. Da dies ein bekanntes Problem ist, hoffe ich, dass es in der nächsten Treiberversion gefixt wurde. Bis dahin habe ich für VR Games erst einmal die Treiberversionen 445.87 und 457.51 ausprobiert, da läuft es deutlich besser, wenn auch nicht optimal. Und bei Cyberpunkt 2077 büße ich durch die alten Version 30 FPS ein 🙂

  3. Danke für den Test, spiegelt sich mit meiner Erfahrung. Ja es ist nicht überall scharf, aber beim Spielen mittig schon. Jetzt ist es aber so, dass ich sie mit Lighthouse und Index Controllern betreibe, also 50% Index Setup schon da sind, und ich mich frage ob denn dann nicht die Index keinen großen Rückschritt in der Bildschärfe darstellt. In den Previews hieß es ,,Mehr Details und überall scharf, besser als Index“, wie würde man die Aussage mit dem Releasemodell treffen? Wie groß ist noch der Unterschied zur Quest 2?

  4. Guter und ausführlicher Test mit wichtigen Hinweisen zu den eben doch oft sehr subjektiven Eindrücken bei VR Brillen. Zur Schärfe und zum sweetspot daher noch mein persönlicher Eindruck.

    Die Schärfe im Zentrum ist erstmal neu und wirklich ein Schritt nach vorn. Der sweetspot ist bei mir etwas weniger als das halbe FOV groß, geschätzt ca. 40-45 Grad. Außerhalb davon wird es zwar schlechter aber ist dort immer noch so gut oder besser als bei Index und Co. Weil es also im sweetspot so genial scharf ist nimmt man die Unschärfe zu den Rändern hin besonders intensiv war. Bei anderen Brillen ist das Konzept (Varjo). Im MS-FluSi muss man seinen Kopf also schon etwas drehen. Auch merkt man, das die Software einen Moment der Ruhe braucht um die mikrigen 30fps die da real momentan anliegen auf 90HZ hochzurechnen. Hält man seinen Kopf wirklich ruhig wird auch der sweetspot gefühlt größer und das Bild insgesamt viel besser. Das Einstellungsmenü ist z.B. über einen größeren Bereich scharf als die reine ingame Grafik. Edge to edge clarity gibt es auch dann definitv nicht.

    Perfomance im Moment nicht optimal, es sind einfach mal doppelt so viele Pixel zu rechnen wie bei der Vorgänger Generation. Das merkt man.

    100% zustimmen muss ich dem Punkt Installation. Auch bei mir hat es viel Schweis und Nerven gekostet bis sie lief und ich habe kein X570 board sondern 08/15 Intel Standardkost. Die Probleme beschränken sich als keinesfalls auf den genannten AMD chipsatz. Ohne ein paar tief im Netz versteckte Tricks hätte ich sie wohl als defekt zurückgegeben. Hier muss HP dringend nachbessern. Was an Anleitung mitgeliefert wird ist ein Witz.

    Das ist mein subjektiver Eindruck. Mein Fazit: Die G2 ist besser als es einen viele Forenkommentare und reviews glauben lassen. Bis es eine Index mit vergleichbaren displays gibt werde ich sie behalten.

      • Hi Mike, ich habe zwar ein X570 Board aber ich habe das Problem behoben in dem ich das USB Kabel an meinen aktiven USB Hub beim Zocken klemme. Den Hub hatte ich eh schon. Seitdem startet die G2 immer ohne Probleme. Davor hab ich gut 4 Stunden rumgesucht um es anders zu lösen. ist zwar irgendwie nicht optimal aber das Kabel ist lang genug, dass ich es zum aktiven USB Hub kriege.

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