YUR FIT – Können wir mit VR abnehmen? Wir wagen den Dauertest!

Vielen von uns ist es schon aufgefallen: Im Stehen VR spielen kann ganz schön schweißtreibend sein. Natürlich werden dabei auch Kalorien verbrannt, und wie viele genau, das versucht jetzt die kostenlose App YUR.FIT zu ermitteln. Nach der Installation werden unsere Hand- und Kopfbewegungen gemessen und bei Vorhandensein eines Pulsmessers auch die Herzfrequenz mit aufgezeichnet. Über Machine Learning soll eine umfassende Datenbank erstellt werden, die recht genau bestimmen kann, wieviele Kalorien nun tatsächlich verbraucht werden. Wir haben deswegen den Dauertest gestartet und ganze vier Wochen einen täglichen „VR-Workout“ mit YUR.FIT durchgeführt.
Hier kommen unsere Erkenntnisse in Tagebuchform:

16. Februar:

Ich fange ganz spontan an einem Sonntag an, was gut ist, da im Kalender der YUR-App die Wochen mit einem Sonntag beginnen. Rein Optisch also ein guter Tag, um loszulegen. Als Ziel lege ich mir fest, 3500 zusätzliche Kalorien pro Woche zu verbrennen, also 500 am Tag – Theorien zufolge sollte ich damit etwa 500 Gramm pro Woche an Gewicht verlieren. Mal schauen, ob ich das wirklich 4 Wochen lang durchhalte!

Ich installiere also die kostenlose YUR-App bei Steam und nach einem kurzen Blick auf die Spiele, die auf der Webseite vorgeschlagen werden, starte ich einfach mal Synth Riders, das ich bereits in der Library habe. Im Startmenü wähle ich den „Force-Modus“, wo man die herannahenden Kugeln schlagen soll, statt sie nur zu berühren. Schließlich habe ich es auf möglichst viel Bewegung abgesehen! Das YUR-Overlay wird direkt groß im oberen Bereich meines Sichtfeldes eingeblendet, auf Wunsch kann ich es auch verschieben – was aber nicht nötig ist. Groß grinst mir die Kalorien-Anzeige entgegen, die bereits auf Eins steht – kein Wunder, denn selbst, wenn ich gar nichts tue, verbraucht der Körper am Tag etwa 800 Kalorien. Außerdem wird der Grad der Intensität meiner Bemühungen angezeigt, der Name des gestarteten Spiels, ein geschätzter Puls sowie mein „Schweiß-Niveau“.

Flott starte ich die ersten Songs auf „hard“ und merke direkt, dass mir der Force-Modus mehr Spaß macht, als das normale Spielen. So fühlt es sich irgendwie nach Tanzen an. Schon nach drei Liedern wird mir warm, ich ziehe meinen Hoodie aus. Nach 10 Liedern bin ich tatsächlich am Schwitzen, besonders am Kopf. Das ist natürlich kein Wunder, wirkt das Headset doch wie eine Maske und bringt gegebenenfalls, vor allem bei der Oculus Quest, sogar einen eignen Wärme-Faktor mit ins Spiel. Doch auch am Rest des Körpers ist mir wirklich warm. Der Kalorien-Zähler steht nach 35 Minuten bereits auf 462, das sollte doch für ein Kennenlernen erst mal reichen. Die Zeit verging jedenfalls wie im Fluge und es fühlte sich für mich nicht an wie „Sport machen“.

17. Februar:

Schon beim Aufstehen bemerke ich einen leichten Muskelkater. Als ich wieder Synth Riders starte, kann ich es kaum glauben – ich schaffe es kaum noch, die von mir geforderten Bewegungen auszuführen, das tut ja richtig weh! Nach vier Songs gebe ich auf, das geht so nicht. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als Beat Saber zu kaufen. Also, doch, natürlich hätte ich viele andere Optionen als ausgerechnet Beat Saber – aber ich bin doch gerade mitten im Training und habe keine Lust auf zeitintensive Experimente mit Spielen, die ich noch nicht kenne. Die 30€ auszugeben, schmerzt etwas, da ich das Spiel schon auf PSVR habe, aber hey – bedenkt mal, was ein Fitnessstudio kostet! Flott sind die 400 MB installiert und es geht weiter. Der Anfang der Karriere ist viel zu einfach, da kommt man nicht ins Schwitzen – also mal eben „Escape“ auf schnell gespielt, bis einige Steam-Freunde auf ihre Plätze verwiesen sind. Nun habe ich die 500 Kalorien auch schon zusammen – und mir läuft diesmal wirklich der Schweiß die Stirn hinunter. Was mich an den dussligen Schaumstoffrand der Oculus Rift denken lässt – das Zeug ist echt wie ein Küchenschwamm, das kann man ja nicht mal abwischen! Mir ist klar: bevor mein Headset nach Schweiß stinkt, brauche ich ein VR-Cover! Sofort bestelle ich mir so ein Ding.

18. Februar:

Hurra, eine sportbegeisterte Bekannte hat mir einen ausgemusterten Pulsgurt von sich überlassen, einen Polar H7. In der Kompatibilitätsliste von YUR.FIT ist zwar nur das deutlich neuere Modell H10 aufgeführt, doch auch der H7 hat bereits Bluetooth, also ist es doch einen Versuch wert. Ich gehe in die Windows-Bluetooth-Einstellungen und kann mich mit dem Gerät direkt verbinden. Dann Synth Riders gestartet und hurra – statt einer hellblauen Angabe meines Pulses mit einem „e“ für „estimate“ (Schätzung) daran sehe ich nun eine knallrote Zahl! Der H7 liefert problemlos seine Daten an die App. Auch in der grafischen Anzeige auf der YUR-Webseite wird mein Puls nun mitprotokolliert, toll.

Über die App oder auf der Webseite bekommen wir alle Trainingsdaten übersichtlich präsentiert

19. – 21. Februar:

Routiniert vergehen weitere Tage. Ich probiere Sprint Vector aus, doch das Spiel stellt die YUR-Anzeige irgendwie nicht dar. Das macht keinen Spaß! Also geht es weiter mit Beat Saber und Synth Riders auf Hard oder Expert. Nach jeweils ca. 20 Minuten ist mein Ruhepuls deutlich angehoben und mir läuft der Schweiß von der Stirn. Im Schnitt benötige ich 55 Minuten, um auf über 500 Kalorien zu kommen. Manchmal bin ich jedoch so ins Spiel vertieft dass ich deutlich über 600 Kalorien erreiche, bevor ich mich losreißen kann. Die Jagd auf gute Scores motiviert, bei Synth Riders komme ich bei mehreren Songs in die Top-25.

22. Februar:

Das VR-Cover ist angekommen, die Installation geht denkbar einfach – einfach den alten Plastikrahmen mit dem Schaumstoffaufsatz herausziehen und das neue Teil aufstecken. Der abnehmbare, weiche Stoff fühlt sich gut an, der Sitz ist aber anfangs ungewohnt, weil ich auch noch meine Brille unter den nun etwas dickeren Rand bugsieren muss. Eines der Features des VR-Covers ist auch, dass man nun schlechter unten durchgucken kann. Für viele Gamer stört der Blick „unter“ das Headset die Immersion, ich finde es eigentlich gut, um zum Beispiel die Controller zu finden oder mich mal zu orientieren. Aber das ist Geschmacksache. Jedenfalls habe ich nun die Möglichkeit, meinen Schweiß einigermaßen wegzuwischen oder den Stoff zu waschen, sobald sich Geruch bilden sollte. Eine knappe Stunde später ist dann die erste Woche geschafft – ich habe laut Anzeige stolze 3704 Kalorien verbrannt! Wie genau diese Angabe ist, kann ich natürlich nicht abschätzen, aber die sichtbare Verbindung zwischen Puls- und „Verbrennungs“-Kurve macht auf jeden Fall einen guten Eindruck.

Zweite Woche bis zum 29. Februar:

Ich bin voll in der Materie drin, jeden Tag zu trainieren macht mir absolut nichts aus. Die Tatsache, dass Beat Saber recht wenige Songs hat, von denen mir auch so einige nicht besonders gefallen, stört mich jedoch. Als neues Game fange ich deswegen „OhShape“ an (hier der Test dazu) Das Spiel gefällt mir zwar etwas weniger gut als Synth Riders und Beat Saber, aber mei – es ist sauanstrengend! Man muss sich doch noch um einiges aktiver bewegen und der Kalorienverbrauch kratzt an den 13 Kalorien pro Minute. Bei Beat Saber und Synth Riders komme ich im Schnitt auf etwa 11 Kalorien. Auch unser eigenes Game, Rainbow Reactor, probiere ich ein paar Mal auf höchster Schwierigkeit, da sind allerdings durch die Wurfbewegungen ohne Ausweichschritte und Duckbewegungen nur um die 6 Kalorien pro Minute drin. Trotzdem toll, dass das Game direkt mit der App funktioniert, ohne dass wir etwas an der Programmierung ändern mussten.
Einige Probleme scheint mir jedoch Oculus zu machen – dort im Store gekaufte Games wie OhShape verweigern die Anzeige des YUR-Overlays und immer, wenn ich das Spiel in der Oculus-Library wechsle, muss ich die YUR-App in Steam kurz neu starten, damit mein Puls vom Polar H7 weiterhin aufgezeichnet wird – das sieht man sonst direkt daran, dass die Pulsanzeige wieder hellblau wird und das „e“ erscheint. Hier scheint also noch Optimierungsbedarf zu bestehen, aber wir kennen es von unseren eigenen Entwicklungsarbeiten, dass Oculus gerne mal etwas herumzickt, wenn es mit Steam zusammen funktionieren soll.
Es kam dann auch noch ein nettes Update für Synth Riders, und am Ende der 2. Woche habe ich ganze 3835 Kalorien verbrannt, die Motivation ist also ungebrochen.

Dritte Woche, 1. – 7. März:

Es geht heiter weiter – ich spiele Synth Riders, Beat Saber und OhShape, habe viel Spaß und komme immer schön ins Schwitzen. Ein leichter Muskelkater, mehr oder weniger am ganzen Körper, ist mein ständiger Begleiter. Am meisten merke ich es aber im Schulter- und Armbereich. Gegen Ende der Woche gibt es leider ein kleines Problem – ich muss vier Tage weg! Für Reisen würde sich natürlich eine Quest empfehlen, doch ich möchte lieber mit wenig Gepäck reisen und sehe auch nicht, dass ich unterwegs die 50-60 Minuten Zeit am Tag haben werde. Vielleicht gibt’s ja im Hotel einen Fitnessraum, wo ich weiter trainieren kann. Denn eines merke ich schon ganz deutlich: Der typische Fitness-Effekt, dass der Körper nach ein paar Tagen quasi nach noch mehr Sport lechzt, hat sich eindeutig schon eingestellt! Einen Gewichtsverlust kann ich allerdings noch nicht verzeichnen, obwohl ich theoretisch schon 1 KG verloren haben könnte.
Am Ende der stark verkürzten Trainingswoche habe ich immerhin 2240 Kalorien verbrannt.

Vierte Woche, 8. – 14. März:

Natürlich gab es keine Fitness auf meiner Reise und gegessen habe ich mutmaßlich auch mehr. Verdammt! Zurück in Berlin geht es aber trotzdem weiter wie zuvor. Inzwischen brauche ich im Schnitt nur noch 45 Minuten, um die 500 Kalorien zu erreichen – überwiegend spiele ich weiterhin Synth Riders, nach etwa 350 Kalorien bin ich dann von den Schlagbewegungen müde und wechsle zu Beat Saber, was ein etwas anderes Bewegungsrepertoire abfragt. Trotzdem denke ich mir, dass noch etwas mehr Varianz bei der Muskelbeanspruchung nicht schaden könnte und gehe mal einen Tag statt dem VR-Training 45 Minuten lang joggen, was von der App natürlich nicht aufgezeichnet wird. Zudem hat mir auch diese Woche wieder ein Tag gefehlt und ich gebe am Schluss noch mal richtig Gas – bei Synth Riders habe ich nun schon einige Top-5-Platzierungen erreicht – das hätte ich zu Anfang nie gedacht!
Insgesamt beende ich diese Woche lediglich trotzdem mit „nur“ 2600 verbrannten Kalorien. Die 4-Wochen-Übersicht ist trotzdem eindrucksvoll.

Vier Wochen sind geschafft – in 18 Stunden über 12.000 Kalorien verbrannt, ganz ohne Langeweile!

Fazit: Die Sache hat großes Potenzial!

Auch wenn sich nicht wirklich ein messbarer Gewichtsverlust eingestellt hat, bin ich doch sehr begeistert. Die YUR-App zeichnet verlässlich auf, die bunten Kurven motivieren auf jeden Fall dazu, weiterzumachen. Auch die Highscorelisten in den Spielen tun ihr übriges – das Ganze fühlt sich kaum nach langweiligem Training an, im Gegenteil vergeht die Zeit wie im Fluge und der innere Schweinehund hält einfach mal die Klappe.
Das mit dem bisher ausgebliebenen Gewichtsverlust kann auch eine Vielzahl von Gründen haben – zum einen bin ich keine 17 mehr, da braucht der Körper länger, um zu reagieren. Außerdem habe ich garantiert an Muskeln zugelegt, und Muskelmasse wiegt mehr als Fettmasse. Einen Indikator dafür, dass meine Fitness gestiegen ist, liefert zum Beispiel die Anzeige der Schlagstärke bei Synth Riders – Angefangen mit kläglichen 20-30% bin ich nun bei 70-80 Prozent. Wenn man es genau wissen möchte, sollte man sich aber eine Waage mit Körperfettanzeige anschaffen.

Dabei sind wir natürlich auch schon beim Thema Kosten: Ich bin schon einiges an Geld losgeworden für mein Training. Das VR-Cover hat 30€ gekostet, ich habe 50€ für neue Spiele ausgegeben und ein Pulsmesser schlägt normalerweise auch mit 40-80€ zu Buche. Andererseits sind das alles Einmalzahlungen, im Gegensatz zu den 20€ Aufwärts, die fürs Fitnesstudio pro Monat anfallen würden. Zudem muss man einfach nicht aus dem Haus geben und entzieht damit dem inneren Schweinehund einen extrem großen Ansatzpunkt. Einfach Brille auf, Spaß haben, lautet das Motto! Zudem ist die App an sich noch komplett kostenfrei, weswegen sie meiner Meinung nach jeder VR-Fan einmal ausprobieren sollte – und sei es auch nur, um herauszufinden, wieviel Kalorien eine Session im eigenen VR-Lieblingsgame verbrennt. Allgemein gesehen scheint das Thema „Fitness in VR“ eine Menge Potenzial zu haben und wir werden auf jeden Fall an der Sache dran bleiben und fleißig weiter trainieren.

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