Noch fällt die Verbreitung von VR-Systemen eher verhalten aus – vielleicht könnte sich das mit Beat Saber als Systemseller ändern. Wir testen das Musikspiel und schwitzen uns durch die enthaltenen Songs.
Nach dem hundersten Waveshooter sind auch VR-Enthusiasten mitunter etwas gelangweilt vom Spieleangebot ihrer bevorzugten VR-Plattform – es wird Zeit für Abwechslung. Vielleicht sogar für ein Spiel, das auch Flatgamer anspricht. Beat Saber hat das Potential, genau dieses Spiel zu sein. Doch von Anfang an..
Lichtschwerter und elektronische Musik
Die Mischung klingt verwegen, wie Fischstäbchen mit Vanillesoße – wie passen Lichtschwerter zu treibenden Beats? Nach den ersten Runden mit Beat Saber lautet die Antwort: perfekt. Das schon im Vorfeld seines Erscheinens am 01. Mai (Early Access) mit stark geklickten Mixed-Reality-Videos gehypte Spiel erinnert zwar ein wenig an Dance Dance Revolution oder auch an Rhythmus-Spiele wie Guitar Hero oder Drums Hero VR, ersetzt das Instrument aber gegen zwei Lichtschwerter. Mit diesen müssen passend zum Takt Quader durchtrennt werden, wobei auf auf die korrekte Schlagrichtung geachtet werden muss. Klingt einfach, ist es aber nicht unbedingt, vor allem nicht in höheren Schwierigkeitsgraden.
Und so simpel das Spielprinzip auch gehalten ist – mehr als Musik, Lichtschwerter, Quader und Hindernisse gibt es tatsächlich nicht zu entdecken – so motivierend ist die Umsetzung.
Schmale aber durchdachte Songauswahl
Beat Saber ist bei Steam für 19,99 Euro im Early Access erhältlich. Viel Geld angesichts der Tatsache, dass die Entwickler gerade einmal 10 Songs mitliefern und der Import eigener Lieder (noch) nicht möglich ist. So waren jedenfalls meine ersten Gedanken. Und das auch nur bis ich die ersten Lieder tatsächlich gespielt habe. Im Anschluss war mir der Preis egal, denn Beat Saber schafft etwas, was nur sehr wenige Spielen möglich ist. Die Abfolge der zu treffenden Quader ist so perfekt auf die Musik abgestimmt, dass sich zumindest bei mir sehr schnell ein fast perfekter Flow beim Spielen einstellt. Hirn und Arme arbeiten einfach ohne dass ich viel darüber nachdenke was ich da eigentlich gerade mit meinen Extremitäten anstelle. Ohne es zu merken tanze ich beim Spielen durchs Zimmer, weiche Hindernissen aus und hantiere mit den Lichtschwertern als wäre Yoda persönlich mein Nachhilfelehrer. Schwerstarbeit für das Belohnungszentrum in meinem Kopf, jeder getroffene Quader sorgt für ein Wohlgefühl, wie ich es beim Spielen schon sehr lange nicht mehr erlebt habe.
Befriedigendes Workout
Am Ende klebt das Shirt vor Schweiß am Körper aber das ist egal. Auch wenn die Arme sich nach ein paar Liedern nicht mehr heben lassen wollen – who cares, einer geht noch. Beat Saber verbrennt Kalorien auf dem Niveau eines Tennisspieles und so fühlt es sich auch an. Wer also abends bei einem wirklich guten Spiel ein wenig für seine Fitness tun will sollte zuschlagen. Aber am besten mit ein wenig Schwung und Kraft, denn Beat Saber verteilt mehr Punkte pro Quader, wenn das Lichtschwert nicht nur behutsam gewackelt sondern ernsthaft geschlagen wird.
Punkte? Auch Beat Saber ist mit einer Highscoreliste ausgestattet, damit ich meine Ergebnisse mit denen anderer Spieler vergleichen kann. Praktisch ist dabei die Freundesliste, was eine Highscorehatz im Freundeskreis ermöglicht. Was noch fehlt wäre ein Kalorienzähler..
Wenig Umfang, trotzdem ein Kauftipp
Das Entwicklerteam von Beat Saber ist klein, das Budget begrenzt. So finden sich nur 10 Songs im Spiel, auf teure Lizenzlieder müssen wir verzichten. Ein Editor um eigene Songs zu impotieren ist angekündigt, eine perfekte Quaderbestückung für motivierende Levels zu erstellen ist aber nicht einfach. Ein automatischer Import wie bei Audioshield hingegen dürfte nicht sehr befriedigend sein. Beat Saber lebt von seiner fast perfekten Positionierung jedes einzelnen Quaders, es lebt von seiner Fairness auch wenns hektisch zugeht. Dem Spiel ist in jeder Minute anzumerken, dass Lieder und Spiel eine Einheit bilden.
So etwas funktioniert nur schwer mit fremden Songs, daher stammen die genutzten Lieder in Beat Saber vom Entwicklerteam selbst. Jaroslav Beck ist für die Songs verantwortlich und auch wenn ich mit EDM nicht sonderlich viel anfangen kann – definitiv zu wenig Gitarren! – haben einige der Songs einen hinterhältigen Ohrwurmcharakter. Trotz der durchgehend treibenden elektronischen Beats ist es dem Team gelungen eine interessante Stilmischung ins Spiel zu bringen: Bei einigen Songs klingt ein wenig Rock, Folk oder Rap durch. Die Lieder sind zusätzlich auch bei Spotify, iTunes, Google Music und Amazon Music erhältlich, hier gibt es eine Übersicht. Aber Vorsicht: Beim Hören alles aus der Hand legen um nicht aus Automatismus die Umwelt zu verprügeln! Beck ist für Gamer kein Unbekannter: Er hat unter anderem an den Kurzfilmen zu Overwatch und an der Musik des Trailers zu Starcraft: Legacy of the Void mitgearbeitet.
Abwechslung durch verschiedene Spielmodi
Neben dem klassischen Modus mit zwei Lichtschwertern, verschiedenfarbigen Quadern und angegebenen Schlagrichtungen gibt es noch weitere Modi für mehr Abwechslung. So lässt sich das Spiel auch mit nur einem Lichtschwert spielen oder mit deaktivierter Richtungsvorgabe. Leichter werden die Songs damit allerdings nicht, allerdings regen die Spielmodi offenbar die Fantasie der VR-Spieler an. So gibt es bereits Mods um das Spiel mit einem Doppel-Lichtschwert a la Darth Maul zu spielen – siehe Video:
Die geilste Mischung aus Musik und Bewegung seit Erfindung des Stripclubs
Kurz hatte ich Angst, den Kauf von Beat Saber schnell zu bereuen – nur so wenige Lieder, das kann ja gar nicht lange motivieren. Die Sorge war unberechtigt: Die Lieder spielen sich auf den verschiedenen Schwierigkeitsgraden sehr unterschiedlich, die Highscorehatz im Freundeskreis funktioniert perfekt und im trance-ähnlichen Spielflow bleibt eh wenig Zeit um sich gelangweilt zu fühlen. Zusätzliche Songs sind bereits angekündigt, ein Editor für eigene Kreationen ebenfalls – auch wenn der Aufwand einen wirklich befriedigend spielbaren Level zu erschaffen nicht unterschätzt werden sollte.
Fazit
Zwei Daumen hoch für Hyperbolic Magnetism: Die Arbeit, die in jedes einzelne Lied gesteckt wurde, ist deutlich zu spüren. Selten hat sich ein Early-Access-Spiel für mich so polished angefühlt!
Vor allem aber erschließt sich die Sogwirkung von Beat Saber auch mit VR fremdelnden Flatgamern – nur wenige VR-Games werden auch außerhalb der VR-Filterblase so bewundernd besprochen. Spätestens der geplante Release für Playstation VR könnte das Spiel daher zum VR-Systemseller machen, wenn es das nicht bereits ist. Mit 50.000 verkauften Kopien in der ersten Woche kann Beat Saber zwar nicht mit Flat-Giganten wie Call of Duty oder GTA mithalten, für VR-Verhältnisse sind diese Zahlen aber mehr als ordentlich. Beeindruckend hingegen sind die Nutzerbewertungen des Spieles bei Steam: Fast ausschließlich begeisterte Bewertungen haben das Spiel zu einem auch außerhalb der VR-Szene beachteten Phänomen gemacht. Auf meiner internen Liste der Anwärter für das Spiel des Jahres ist es ebenfalls sehr weit oben vertreten. Goldenes Legions-Lichtschwert für Hyperbolic Magnetism und Beat Saber, weiter so!
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